Von Sibylle Mettler Oberstaufen - Der Müslifresser. Bezeichnung für einen Zweibeiner, der sich seeehr gesund ernährt und viel Müsli isst. Meist abwertend gebraucht. Doch ein Müslifresser kann auch vier Beine haben. Dann deutet die Bezeichnung aber eher darauf hin, dass der Zweibeiner, dem der Vierbeiner gehört, es besonders gut mit dem Tier meint. Denn was in der Oberstaufener Weissachmühle hergestellt wird, ist nicht irgendein Pferdefutter. Es ist 'Marstall', eines der meist verkauften Pferdemüsli in Deutschland, erklärt der Geschäftsführer der Weißachmühle Michael Köberle. Zum 30-jährigen Bestehen der aus der Schweiz stammenden Firma Marstall wurde jetzt die neueste Kreation der Futterspezialisten vorgestellt. 'Optimal' heißt sie und ist, wenn man die Verhältnisse vom Pferd auf den Menschen überträgt, wohl so etwas wie Amarant, Vollkornschrot, Kürbiskerne, Joghurt und frische Früchte in einem. Ein Müsli, in dem alles drin ist, was der Organismus braucht. Geboren wurde die Idee zu dem neuen Pferdefutter im Hundsmoor bei Woringen (Unterallgäu) von Pferdezüchter und Marstall-Marktingleiter Georg Miller. Ursprünglich sollten dort Alternativen zur Bewirtschaftung von Landwirtschaftsflächen getestet werden. Am Ende des Sommers stellte Miller aber fest, dass seine Rösser viel gesünder waren als sonst - dass das Fell wesentlich stärker glänzte, die Hufe gesund und fest waren und die Tiere vor Vitalität nur so strotzten. Lag das Geheimnis der Pferdegesundheit im Hundsmoor versteckt? Das Unterallgäuer Moor wurde zur Marstall-Versuchsfläche.
16 Pferde durften sich dort sieben Jahre lang gesund grasen, unter der Aufsicht des Schweizer Futterexperten Jürg Schwägli. Am Ende kam raus: 'Es ist nicht dieses oder jenes, das ein Pferd gesund erscheinen lässt, sondern das Gesamtbild', stellt Schwägli fest. Das heißt: Im handelsüblichen Heu, dem Hauptfutter der Pferde, sind gerade mal noch zwölf verschiedene Kräuter enthalten, wie Miller erklärt. Der starke Einsatz von Dünger habe nämlich die langsam wachsenden Pflanzen verdrängt. Im Hundsmoor und auf vielen Berghängen, wo wenig gedüngt werde, wüchsen hingegen über 40 verschiedene Kräuter. Also ab mit den Rössern ins Moor und auf die Alp? 'Wir haben in Deutschland eine Million Pferde. Die können wir nicht mehr alle auf den Berg treiben', stellt Miller fest. So habe man zusammen mit der Firma Marstall, die in Oberstaufen zwei Drittel ihres Futters für den deutschen Markt produzieren lässt, die Inhaltsstoffe des Hundsmoors in das 'Optimal Pferdemüsli' gebracht. Was da im Sack liegt, erinnert an das, was sich auch gesundheitsbewusste Zweibeiner morgens in die Schale schütten: Maisflocken, unter Druck und hohen Temperaturen bearbeitete Gerste und Hafer, Vitaminkügelchen und Kürbiskerne. 'Das könnte man als Mensch ohne Bedenken essen', sagt Miller. Einzig die für die Pferde wichtigen Kräuterspreißel dürften den Zweibeinern ein wenig im Magen liegen. Und der leichte Geruch nach Heu mit Sojasoße passt auch weniger in die Müsli-Schale als in den Pferdetrog, wo 'Optimal' auch hin gehört. Der Preis für die neu erfundene Weisheit von der Pferdegesundheit? 'Ist teuer' gibt Schwägli unumwunden zu. 'Aber gut', fügt Miller medienwirksam hinzu. Müslifresser leben eben gesünder.