Wechsel Inspektionsleiter geht in Ruhestand - Reisen und radeln - Auch schwere Momente">

Artikel: Kreis "schießt" nur noch Fotos

16. Oktober 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Wechsel Inspektionsleiter geht in Ruhestand - Reisen und radeln - Auch schwere Momente

Marktoberdorf | af | Im Büro am Ende des Flurs im ersten Stock fällt der Blick auf eine große Landkarte, eine Heimatkarte der ehemaligen Landkreise Füssen und Marktoberdorf. In ihren Grenzen gibt sie fast genau den Bereich an, in dem Gerhard Kreis und seine Kollegen für Sicherheit und Ordnung sorgen. Für Kreis heißt es sorgte: Denn zum Monatsende ist Schluss. Nach über 16 Jahren als Leiter der Polizeiinspektion Marktoberdorf geht er in den Ruhestand. Morgen wird der 61-Jährige mit einem Festakt verabschiedet.

Derzeit ist er dabei, restliche Arbeiten zu erledigen, seinen Schreibtisch auszuräumen, Dinge einzupacken, die ihn lange begleitet haben. Seine Fotos zum Beispiel, die dem Raum mit dem kühlen Charme einer Verwaltung vergangener Tage ein wenig persönliche Note verleihen.

Fotos möchte Kreis auch in seiner Zeit als Pensionär "schießen" - von Sehenswürdigkeiten in Deutschland, in Frankreich, Ägypten oder Spanien, auch in Griechenland, wo er mit seiner Frau Brigitte die Flitterwochen verbracht hat. Er will die Länder nicht als Pauschaltourist erleben, sondern der Geschichte nachspüren, ein Thema, das ihn von Kindesbeinen an interessiert.

50000 Kilometer im Sattel

Klassische Musik, Laufen und Radfahren sind weitere Hobbys, denen er sich verschrieben hat. Auf dem Rad erlebe er die Welt am intensivsten, "nicht zur Selbstfindung, sondern einfach weils schön ist" - und der Umwelt diene. "Ich habe noch nie ausgerechnet, wie viel CO2 ich vermieden habe." Es dürften Tonnen sein. Allein auf dem Weg zur Arbeit und wieder nach Hause in Aitrang waren es 50000 Kilometer, die er im Sattel verbrachte.

Seine Leidenschaft fürs Radeln ist auch ein Grund, weshalb er sich vehement für die Erweiterung des Radwegenetzes im Inspektionsbereich einsetzt. Auch das helfe, schwere Unfälle zu vermeiden. Unfälle wie Kreis sie häufig erlebt hat. Gerade tödliche Unfälle nagten an der Psyche: "Angehörigen diese schreckliche Nachricht zu überbringen, ist das Schwerste, was es für einen Polizisten gibt.

Manchmal haben sogar mir die Worte gefehlt."

Dabei hatte seine Karriere eigentlich damit begonnen, dass er nach seiner Ausbildung drei Jahre lang Ausbilder bei der Bereitschaftspolizei Eichstätt und München war. Danach lehrte er an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, später führte er zehn Jahre lang an der Polizeischule die jungen Beamten durch den Rechtsdschungel. "Das war eine schöne Zeit, aber das wollte ich nicht bis zur Pensionierung." Schließlich war Kreis Polizist geworden, um auch Abwechslung zu haben, "nicht zu verwechseln mit Abenteuerlust oder Action".

So war er zunächst stellvertretender Inspektionsleiter in Marktoberdorf, dann Leiter in Sonthofen und als Inspektionsleiter, ehe er eineinhalb Jahre später nach Marktoberdorf zurückkehrte. In einen ländlichen Bereich also, "in dem die Arbeit nicht so spezialisiert ist wie in der Großstadt." Vom kleinen Unfall bis zum Mord: Die Marktoberdorfer Beamten sind zuerst an der Einsatzstelle, ehe manchmal die Kollegen der Kripo den Fall übernehmen.

Köhler und Fußballfans

Zu den besonderen Einsätzen zählt Kreis nicht nur die Treffen mit Bundespräsident Horst Köhler in Marktoberdorf oder mit Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein. Es waren auch die während der Fußball-Weltmeisterschaft oder der EM, als die Fans feierten. "Alles friedlich verlaufen", freut er sich. Ganz nach seinem Wunsch.

Nur ein Wunsch ist nicht mehr in Erfüllung gegangen, obwohl er extra noch ein Dienstjahr angehängt hat: der Umzug ins neue Inspektionsgebäude. Dabei hatte er das Projekt schon vor acht Jahren angeschoben. Nun soll der Umzug etwa Ende 2010 erfolgen. Nur so lange wollte Kreis nicht mehr im Dienst bleiben. Da ist er lieber zu Hause und liest morgens am Kaffeetisch die Allgäuer Zeitung - als erstes vermutlich die Polizeimeldungen.