Kaufbeuren (mab). - Das Angebot klingt nicht schlecht: Nach der Realschule eine dreijährige Ausbildung zum 'Gesundheits- und Krankenpfleger/Altenpfleger' machen (wie der Beruf inzwischen offiziell heißt) und zugleich die Fachhochschulreife mitnehmen. Die Kaufbeurer Berufsfachschule für Krankenpflege am Bezirkskrankenhaus hat vom bayerischen Kultusministerium die Erlaubnis bekommen, ihren Azubis dieses Angebot zu machen. 'Wir sind die einzige Krankenpflegeschule in ganz Schwaben, die das bietet', so Peter Prestele, Leiter der Einrichtung mit rund hundert Pflegeschülern. 17 von ihnen steuern derzeit die Fachhochschulreife an. Geschenkt wird den Schülern der Abschluss allerdings nicht. Sie müssen in ihrer Freizeit zusätzlich die Schulbank drücken - 80 Stunden Deutsch, 160 Stunden Englisch und gar 240 Stunden Mathematik. 'Vor allem Mathe macht dabei vielen Probleme, während Englisch offenbar für viele nicht so schwierig ist', erläutert Prestele. Wie können diese 480 Schulstunden einen Besuch auf der FOS oder BOS ersetzen? Ganz einfach: Da es im Lehrplan der Pflegeausbildung ohnehin zahlreiche Stunden (wie zum Beispiel Sozialkunde) gibt, die identisch sind mit dem, was in einer normalen Schule unterrichtet wird, erkennt das Kultusministerium den Fächermix der Krankenpflege als gleichwertig an. Um die Fachhochschulreife (die übrigens allgemeiner Natur ist, also nicht nur auf Studienfächer des sozialen Zweiges beschränkt ist) zu erlangen, muss der Pflegeschüler in jedem Fall beide Prüfungen, also das Pflegeexamen und die zusätzliche Prüfung, bestehen.
Ausbildung und Abschluss Der Ärztliche Leiter der Schule, Dr. Michael von Cranach, ist von dem neuen Konzept sehr angetan. 'Das ist doch ein tolles Angebot. Normalerweise geht ein Realschüler zur Fachoberschule, um die Fachhochschulreife zu erlangen. Bei uns macht er eine komplette Berufsausbildung, bei der er schon Geld verdient und hat mit nur einem Jahr Mehraufwand auch noch die Fachhochschulreife.' Die Brutto-Ausbildungsvergütung beträgt derzeit zwischen 729 Euro im ersten und 884 Euro im dritten Ausbildungsjahr. Prestele betont, dass die Kaufbeurer Schule schon lange in Verhandlungen mit dem Kultusministerium stand. Er ist froh, dass diese nun Früchte tragen. Der Schulversuch sei vorerst bis zum Schuljahr 2010/2011 genehmigt. Kaufbeuren habe die einzige Krankenpflegeschule in ganz Schwaben, die diese Angebot aufweise. In Bayern seien es insgesamt zehn Schulen. Die Politik reagiere damit auf neue Entwicklungen in der Krankenpflege, die in anderen Ländern wie Großbritannien oder den USA schon längst viel weiter fortgeschritten seien, erläutert Markus Ellenrieder, stellvertretender Leiter der Schule. Während in Deutschland jahrelang Pflegekräfte vom Nachtkästchenputzen über Apotheke bestellen bis zur Versorgung der Kranken alles gemacht hätten, sei man sich in anderen Ländern schon lange darüber im Klaren gewesen, dass Pflegekräfte dafür zu teuer seien. Einfachere Arbeiten werden dort von Pflegehelfern und organisatorische Arbeiten von Stationssekretärinnen verrichtet, die weniger verdienen. 'Pflegekräfte können sich in diesen Ländern viel mehr auf die Arbeit am Patienten konzentrieren und haben auch weitergehende Kompetenzen.'In England sei Krankenpflege seit langem auch ein Studienfach. Das setze sich erst nach und nach in Deutschland durch - unter anderem durch die Angleichung der Länder auf europäischer Ebene, so Ellenrieder. Leitende Positionen in der Pflege müssen demnächst ohnehin mit akademisch ausgebildeten Krankenpflegekräften besetzt werden - zum Beispiel, wenn eine Schule geführt werden soll. Entsprechend werden diese Kräfte dann auch bezahlt. 'Das neue Angebot in Kaufbeuren bildet nur das ab, was in der Pflege letztlich ohnehin gebraucht wird', so Ellenrieder, der übrigens selbst Pflegewissenschaften studiert - und zwar im Kloster Irsee, wo dieser Studiengang seit einigen Jahren in Kooperation mit der Universität Cardiff (Wales) angeboten wird. i Weitere Informationen zu diesem Thema gibt es in der Berufsfachschule für Krankenpflege des Bezirkes Schwaben, Telefon (08341) 72-5503, oder per Mail: krankenpflegeschule@bkh-kaufbeuren. de