Görisried(sg). - Das Wissen um die Wirkung von Heilkräutern wurde ihr gewissermaßen bereits in die Wiege gelegt. Ihre Vorfahren, so die 'Kräuterhexe Dorothea', hätten schon immer auf Kräuter gesetzt, von Tochter zu Tochter wurden die Kenntnisse weitergegeben. Und auch sie hat eines Tages die Begeisterung ergriffen. Sie besuchte die Sebastian-Kneipp-Akademie in Bad Wörishofen und kann sich nun Heilkräuterexpertin nennen. Seit sechs Jahren wohnt die Wildpoldsriederin im Golddorf Görisried, bietet dort Kräuterwanderungen und -exkursionen an und hilft so, altes Heilwissen neu zu entdecken. Besonders große Kraft wird diesen Pflanzen in der Zeit vom 15. August bis Mariä Namen am 12. September zugeschrieben. Und seit Generationen hat sich der Brauch gehalten, zu Marä Himmelfahrt Kräuterboschen zu binden. Mit diesem Brauch, der noch aus heidnischen Zeiten stammt, wird zum einen der Natur für ihren Reichtum gedankt. Die Boschen werden heute in den Kirchen geweiht und sollen zum anderen Unheil abhalten von Mensch und Tier. Das Gemüse, das am Fuß des Straußes angebunden wird, wird noch am gleichen Tag verzehrt, der Boschen selbst kommt in die Vase zum Trocknen oder wird als Schutzschild an den Öffnungen von Haus und Stall angebracht. 'Ursprünglich war der 15. des Erntemonats August der germanischen Vegetations- und Fruchtbarkeitsgöttin Freya geweiht', weiß Kräuterhexe Dorothea. Erst im 9. Jahrhundert sei dieser Feiertag der Jungfrau Maria gewidmet worden.
An die 100 Wildkräuter findet Dorothea Ahegger im sprichwörtlichen Sinne gleich vor ihrer Haustür. Aber die Gewächse zu kennen allein genügt nicht. Damit sie ihre Kräfte entfalten, sind auch Kenntnisse notwendig, welche ihrer Teile zu verwenden sind, zu welcher Stunde sie gepflückt werden sollen und nicht zuletzt, wie sie angewandt werden. Ob Blätter, Wurzeln oder Samen: Die Brennnessel ist neben Erzengelwurz und Girsch einer ihrer Favoriten. Manches verarbeitet sie zum Konservieren als Paste (Pesto), anderes trocknet sie, setzt Weine an oder friert es ein. Natürlich verwendet sie vieles auch ganz frisch, wie im Gänseblümchen-Kaiserschmarren oder in ihrem 'Roten Wiesenreis' (siehe unten). Für sie ist gegen alles ein Kräutlein gewachsen und mit ihrem Wissen liegt sie genau im Trend. Immer größer wird ihre Fangemeinde, der die 'Botschafterin der Natur', wie sie sich sieht, ihr Wissen weitergeben will. Denn sie finde es schade, dass so viel Wissen verloren gegangen sei. 'Ich nenne mich mit Enthusiasmus Kräuterhexe', sagt Dorothea Ahegger lachend auf die Frage, ob der Ausdruck 'Hexe' nicht auch manchen abschrecke. Kräuterfrau oder -weib passe nicht so gut zu ihr wie 'Hexe'. Und als 'Hexen' seien früher ja wissende, heilende Frauen bezeichnet worden. Allerdings sei ein Bub auf einer der Wanderungen schwer enttäuscht gewesen, dass sie gar keine Warze auf der Nase habe Auf ihren Exkursionen beschränkt sich die Kräuterhexe auf einige wenige Pflanzen. Blättchen für Blättchen werden sie geerntet, befühlt, berochen. Manchmal erzählt sie dazu selbst verfasste Märchen, und nachdem die Kräuter gesammelt sind, werden schmackhafte Mahlzeiten zubereitet. Ihre Rezepte will sie irgendwann einmal veröffentlichen.