Kaufbeuren | avu | Im Jugendhilfebereich der Stadt zeichnet sich eine deutliche Kostensteigerung im nächsten Haushalt ab. Laut dem Entwurf, der bei den Haushaltsberatungen im Januar diskutiert werden soll, steigen die Aufwendungen um rund eine Million auf 5,8 Millionen Euro. Verantwortlich dafür seien neben neuen Aufgaben unter anderem gestiegene Fallzahlen (also betroffene Kinder) sowie höhere Tagessätze bei den Jugendhilfeeinrichtungen, wie der stellvertretende Jugendamtsleiter Werner Maurer bei der jüngsten Jugendhilfeausschusssitzung erläuterte.
Deutlich wurde, dass die Kosten vermutlich auch in den kommenden Jahren steigen werden. Der Stadtrat und FW-Landtagsabgeordnete Bernhard Pohl schlug deshalb vor, sich Ziele zu setzen und die Präventionsarbeit maßgeschneidert einzusetzen, damit die Folgekosten bei problematischen Jugendlichen nicht steigen. Als Beispiel nannte er die teuren Heimunterbringungen. "Irgendwann müssen wir diskutieren, was wir uns noch leisten können."
Das Ansinnen, lediglich mit mehr Vorbeugungsarbeit Folgekosten sparen zu wollen, sei wünschenswert, meinte Oberbürgermeister Stefan Bosse, aber nicht realistisch. Als Beispiel nannte er Zuzüge von Familien, deren Kinder Jugendhilfeleistungen beanspruchten. "Da zahlen sie vom ersten Tag an", so Bosse.
Zudem habe Kaufbeuren als Zentrum viele soziale Einrichtungen wie etwa das Frauenhaus. "Wir werden immer ein Sammelpunkt für soziale Herausforderungen sein." Auch die gesellschaftlichen Entwicklungen ließen sich nicht von den Kosten abkoppeln, ergänzte Werner Maurer vom Jugendamt. Immer mehr Ehen würden geschieden, die Zahl der Alleinerziehenden steige, die Ganztagsbetreuung von Schulkindern gewinne an Bedeutung. Trotz allem werde wegen jeder anstehenden Heimunterbringung angesichts der hohen Kosten gerungen, so der zuständige Referatsleiter Dr. Gert Peter Strunk. "Das ist die Ultima Ratio."
Ausschussmitglied Christoph Geissler (Lebenshilfe) verwies auf das Wesen der Pädagogik, die sich oft einer Kosten-Nutzen-Rechnung entziehe. Das Gleiche gelte für die Präventionsarbeit. "Winterreifen garantieren auch nicht, dass ich keinen Unfall baue", so Geissler. Ebenso argumentierte Harald Plaschke (Erziehungs- und Jugendhilfeverbund): "Ambulante Dienste sind kein Luxus." Oberbürgermeister Stefan Bosse verwies auch auf das Risiko für die Mitarbeiter der Jugendhilfe, das schnell strafrechtliche oder öffentliche Relevanz erreichen könne. Als Beispiele nannte er Misshandlungen in Familien oder schwierige Jugendliche, die schlagzeilenträchtige Straftaten begingen. Die Öffentlichkeit und die Medien würden nur auf solch einen Fall warten. "Hinterher sind immer alle schlauer", so Bosse. "Trotzdem kann man auch bei uns so etwa nie ganz ausschließen."

"Sowohl Vorbild als auch Inspiration"
Baupreis Kaufbeuren 2023 für dieses Bauvorhaben verliehen
Bernhard Pohl nervte es dann augenscheinlich doch etwas, welche Richtung die Diskussion genommen hatte. Er verwies auf skeptische Äußerungen in vorherigen Haushaltsberatungen zum Jugendhilfeetat und äußerte die Befürchtung, dass irgendwann ohne Rücksicht auf Prioritäten Tabula rasa gemacht wird. Pohl: "Wichtig ist, dass wir der Prävention das Wort reden."