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"Königin Hildegard" kommt bei Christies unter den Hammer

Kempten

"Königin Hildegard" kommt bei Christies unter den Hammer

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    "Königin Hildegard" kommt bei Christies unter den Hammer
    "Königin Hildegard" kommt bei Christies unter den Hammer Foto: ralf lienert

    Ein wahrer Schatz aus der Kemptener Geschichte kommt jetzt im vornehmen englischen Auktionshaus Christies unter den Hammer. Am Mittwoch, 7. Juli, wird mit der einzigartigen Handschrift "Stifftung des Gotzhaus Kempten und Sant Hyltgarten Leben" ein historisch, kunstgeschichtlich und wissenschaftlich interessantes Werk versteigert. Der Kemptener Schulmeister Johannes Birg hatte 1499 die einzige, qualitätvoll und detailreich illustrierte deutsche Fassung über das Leben der Hildegard verfasst. Jetzt wird sie für 100 000 englische Pfund aufgerufen, was 148 000 Euro entspricht.

    Hinter der Versteigerungsnummer 7911 verbirgt sich ein für Kempten wertvolles Dokument, das bislang in Privatbesitz war. Dem Kemptener Historiker Dr. Wolfgang Petz war es 1998 gelungen, die Handschrift als eines der bedeutendsten Exponate für die Landesausstellung "Bürgerfleiß und Fürstenglanz" nach Kempten zu holen. Doch dann verschwand das nur 20 x 30 Zentimeter große Buch wieder im Tresor eines amerikanischen Sammlers in Washington.

    Im Mittelpunkt der Handschrift mit 59 Bildern steht das Leben der Gründerin des Fürststifts Kempten, der Königin Hildegard, Ehefrau Karls des Großen.

    Neben der Lebensbeschreibung inklusive aller Legenden beinhaltet das Werk eine Schilderung der Gründung des Klosters Kempten mit Beschreibung des Gefolges des Königspaares und eine ausführliche Liste der Wunder, die sich an Hildegards Grab in Kempten ereignet haben sollen. Außerdem enthält der Band eine Datenliste zu wichtigen Ereignissen vom 8. bis zum Ende des 15. Jahrhunderts, welche das Fürststift Kempten betreffen. Ergänzt werden diese Texte durch die Erzählung über Ritter Heinrich den Kempter.

    Unter den 147 Seiten in Ledereinband mit Zierpunzen findet sich auch ein Kalender mit Gesundheitsregeln für jeden Monat, astronomische Beobachtungen mit einer Aderlasstafel, Bemerkungen zu Wetterprognosen, eine Abhandlung über die vier Temperamente sowie eine Anleitung zur Baumpflege.

    "Die Sammelhandschrift hat eine außerordentliche historische Bedeutung für Kempten und für Süddeutschland, weil es sich dabei um die einzige illustrierte Handschrift mit deutschem Textbestand handelt", erklärt die Kemptener Historikerin Birgit Kata. Weil sie bislang nur in Ansätzen erforscht werden konnte, wurde der Text noch nie detailliert verglichen mit anderen Handschriften zur Gründung des Klosters und der Vita der Königin.

    Die Handschrift war der Stadt bereits vor fünf Jahren direkt angeboten worden. Damals wollte der Sammler seinen Einstandspreis von 1991 erzielen: 500 000 US-Dollar, was damals etwa 425 000 Euro entsprach. Doch die Stadtoberen winkten damals ab.

    Staatsbibliothek soll steigern

    Jetzt wird die spätmittelalterliche Schrift für umgerechnet 148 000 Euro aufgerufen. Doch das ist noch lange nicht die Endsumme, erklärt Kemptens Oberbürgermeister Dr. Ulrich Netzer. "Zum Zuschlagpreis kommen 20 Prozent Aufschlag, plus Steuern und Ausfuhrzoll, Transport und Versicherung". Das ist ihm zu viel. Deshalb hat er einen Brief an die Bayerische Staatsbibliothek nach München geschickt. Der Freistaat solle die Gelegenheit nützen und dieses einzigartige nationale Kulturgut in öffentlichen Besitz zurückzuholen. "Da nun die Aufrufsumme bei Christies in London deutlich günstiger ist, eröffnet sich auch aus unserer Sicht noch einmal die Möglichkeit, dieses einmalige Werk für Bayern wieder zu gewinnen", so Netzer in seinem Brief.

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