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Knödel an Schaschlik: Hast etwa Schiss?

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Knödel an Schaschlik: Hast etwa Schiss?

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    Lindenberg - Den Münchener Kabarettisten Helmut Schleich hatte der Kleinkunstverein 'Hirschraguuh' aus Lindenberg jüngst eingeladen. Zu Kochen, Ernährung und Genuss präsentierte Schleich in seinem Programm 'Das Auge isst man mit' verschiedene Ansichten und Weisheiten. 'Der Magen und sein Bote, der Hunger, plagen den Menschen. Deshalb muss der Magen sinnvoll beschäftigt werden. Ran an den Herd!', meinte Schleich zum Auftakt. Der Münchener isst selber gerne, 'um nicht zu sagen täglich'. Während er mit den Tücken eines Campingkochers kämpfte, erinnerte er sich an die Mittagsaktion eines schwäbischen Gasthauses: 'Spätzle spachtle bisch des Ränzla spannt'. Da solle man Appetit bekommen? 'Des is sowieso so a Sach, des schwäbische Wirtshaus. Des Klo ist a Toilettensaal, ein Triumph der Bewegungsmelder für Wasser, Licht, Seife und Trockner. Nur bei der Kellnerin hat er versagt, de hätt mi glatt verhungern lassen.' Beim Vortrag zum Weg der Speisen zwischen Kochtopf und Kläranlage kam er in den Magen, in dem der Semmelknödel und das Schaschlik Frantiek trickreich den Müsliriegel und den Tiefkühlstrudel zurück an die Oberfläche befördern. Wieder in der Wirklichkeit, gibt's Geschmackserinnerungen. 'Wenn ich Freitagabend s' ZDF einschalte, schmeckt alles nach Brathering mit Pellkartoffeln. Des hat's bei uns immer geben, wenn Stan und Olli gelaufen sind.' Als Aristokrat jammerte Helmut Schleich den Zeiten nach, als Genuss das Statussymbol zur sozialen Abgrenzung nach unten war. Heutzutage müsse der Adel hungern, um sich durch die schlanke Linie vom Schmerbauch des Proletariats abzuheben. Und zum Fasten meinte er : 'Des is schwer, weil ich rieche, was ich schmecken möchte.

    Da müsste man den Mund mit Deo neutralisieren.' Helmut Schleich spielte mit Worten und Sätzen, dass sich das Publikum im voll besetzten Saal vor Lachen bog. 'Man muss schon fünf bis sechs Wortspiele nachweisen, sonst ist die Lizenz als Kabarettist weg.' Das Berufsethos verbiete etwa, Parodien über Alfred Biolek zu bringen. Und schon legte er los, wie die sächsische Schauspielerin als weiblicher Tundragourmet bei Bio eine osteuropäische Variante von Pommes zaubert: 'Hauptsache fettisch.' Bilanzierend stellte Schleich fest: Es gibt die DDR noch, die kulinarische Mauer besteht in den Kochtöpfen. Richtig philosophisch wurde dem Publikum erklärt, wie der Körper den Menschen terrorisiert: 'Im Winter Grippe, im Frühjahr Pollen. Und acht Stund' Schlaf will er auch - weil ich ja sonst nix zu tun hab.' Dass der Körper Tribut fordert, will Helmut Schleich nicht einsehen: 'Moanst, dass i Körnd'l friss, nur weil der moant, dass i zu blöd zum Schei. bin.' Die Vergeltung der Genusssünden komme erst beim Beichtstuhlgang. Extravagant seine Ausführungen auch zur Bierzeltbulimie - 'Die Schweinshax'n kommt nach zehn Maß Bier von selber wieder raus.' - und zur Homepage der 'pressackmezzgerei-geil. de', 'mit zwei z geschrieben, um sich abzuheben'. Die kulinarisch-groteske Vorstellung beim Kleinkunstverein 'Hischraguuh' war ein wirkliches kabarettistisches Schmankerl. Erst als der Semmelknödel im Magen die Frage von Schaschlik Frantiek, was danach kommt und ob er an die Kläranlage glaubt, mit 'Hast etwa Schiss?' beantwortet hatte, konnten die strapazierten Lachmuskeln des Publikums an Erholung denken. Hanns-Michael Gum

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