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Artikel: Kleines Grenzdorf will große Kultur machen

22. Februar 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Austausch Der neu eröffnete 'Thalsaal' soll Gäste aus dem Allgäu locken - als Besucher wie auch als Künstler

Von Ingrid Grohe|Sulzberg-ThalEs hat Zeiten gegeben, da sind die jungen Leute aus Siebers, Scheffau, Dressen und Eyenbach auf Schleichwegen nach Thal zum Tanzen gegangen. In den Sälen der Gasthäuser 'Krone' und 'Lamm' wurden in den Nachkriegsjahren Bälle gegeben. Dafür lohnte es sich, in der Dunkelheit heimlich die deutsch-österreichische Grenze zu passieren. Schlagbäume spielen heute keine Rolle mehr. Umso aussichtsreicher ist die Idee einiger Vorarlberger, den kulturellen Grenzverkehr zwischen Thal und dem Westallgäu neu zu beleben. Lohnendes Ziel ist der schöne Saal in der 'Krone'.

'Thalsaal' heißt er heute, und das hat seinen Grund. Im Gegensatz zu früheren Jahrzehnten befindet sich das alte Gasthaus nicht mehr im Besitz von Wirtsleuten, sondern vom Selbsthilfeverein Dorfgemeinschaft Thal. Der hat sich im Jahr 1989 gegründet, damit das zentral gelegene Haus samt Dorfladen 'nicht in falsche Hände gerät', wie Günther Wirthensohn, Obmann des Vereins, erklärt.

Vor allem ging es den Thalern vor knapp 20 Jahren darum, die Nahversorgung für die 370 Einwohner zu sichern. Jahrelang wurden Gebäude und Gasträume liebevoll saniert. Die Wirtschaft hat der Verein nur ganz kurz selbst geführt, jetzt ist sie verpachtet. Den Laden betreibt ein Sulzberger Einzelhändler als Filiale, an die Gemeinde ist ein Probenraum für den Musikverein vermietet, und auch die kleinste Bank Vorarlbergs, die Raiffeisenbank Langen-Thal, betreut hier in einer Geschäftsstelle ihre Kunden. Diese vier Nutzungen der 'Krone' haben sich inzwischen jahrelang bestens bewährt.

Der Saal im ersten Stock dagegen wurde erst jetzt aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Im Oktober feierten die Thaler die Wiedereröffnung dieses wunderschönen Veranstaltungsraums mit fischgrätförmig gelegtem Parkett und einer aufwändigen Täfelung, die Großteils in Eigenleistung restauriert wurde.

An alte Tanzzeiten erinnern lange Bänke entlang der Wände, außerdem Holzsimsen, zum Abstellen der Getränke etwas über Kopfhöhe angebracht, sowie zwei Durchreichen zum Gang. Ganz neu ist im Thalsaal eine großzügige, raffinierte Bühne mit modernster Technik, die in den ehemaligen Landwirtschaftstrakt des Gasthauses hinausgebaut wurde.

Gut 200 Besucher fasst der stilvolle Raum. Dadurch, dass die Bühne nicht an der Stirnseite, sondern an einer langen Seite angebracht ist, wirkt er auch gefüllt, wenn nur 60 Gäste kommen.

'Wie eine große Stube' empfindet Wolfgang Troy, Kulturveranstalter aus Egg, den Thalsaal. 'Es gibt im ganzen Bregenzerwald keinen vergleichbaren Saal', sagt er und vermutet: 'Das hier könnte Kult werden.' Troy will dazu beitragen, indem er einmal monatlich etwas Besonderes in das kleine Grenzdorf holt: Kleinkunst, Jazz, Literatur oder Kammermusik - alles passt in diesen Rahmen.

Erste Veranstaltungen dieser Art waren erfolgreich. Auch die Künstler waren von der Atmosphäre begeistert. Die nationale 'Randlage' von Thal möchte Troy als Vorteil nutzen: Er plant auf hohem Niveau einen Kulturaustausch mit den Allgäuern, der sich unter anderem in einem Auftritt der renommierten Allgäuer Formation 'Alpenblech' am 1. März niederschlägt. Und möglicherweise geht auch noch mehr. Wolfgang Troy streckt seine Fühler schon in Richtung Appenzell aus, um die Kulturbrücke noch weiter zu spannen. Für solchen Austausch, so weiß er, gewährt die Europäische Union Zuschussgelder.

Grenzüberschreitungen sind also heute nicht mehr verboten für Kulturfreunde, die Schleichwege haben ausgedient. Ein Ausflug nach Thal lohnt aber mehr denn je.