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Artikel: Kinski lebt und stellt Angie nach

26. November 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
rosemarie schwesinger

Kabarett Eine parodistische Meisterleistung: Reiner Kröhnerts Polit-Satire "Königin der Macht" in Oberstdorf

Von Rosemarie Schwesinger |OberstdorfGemächlichen Schrittes betritt er die Bühne im Oberstdorf-Haus, hochgewachsen, korrekt gewandet und gescheitelt - der Meister des parodistischen Politpanoptikums Reiner Kröhnert. Er lässt´s langsam (und hochpoetisch) angehen, rezitiert entspannt und selbstvergessen sanfte François Villon-Verse um gleich darauf als geifernder Klaus Kinski lüsternden Liebeswahn zu entfachen. Ein irrwitziges Stück hat sich Reiner Kröhnert mit seinem neuen Programm "Die Königin der Macht" da wieder ausgedacht: Kinski lebt (als Steuerflüchtling versteckt auf dem Dachboden seines getreuen Mentors Werner Herzog) und lechzt, schlüpfrige SMS-Botschaften schmiedend, nach "Angie".

Auf die hat sich Kröhnert - in einer Art Hass-Liebe sozusagen - ohnehin eingeschossen, die kann er am besten! Die hat er in Mimik, Rhetorik und Körpersprache so perfekt drauf, dass er auf jegliche kostümbildnerische Hilfsmittel (sieht man von der "Wurzelhaar"-Perücke ab) locker verzichten kann. In seinem virtuosen Quickstepp durch die Besonderheiten der real existierenden Politiker sämtliche Couleur erweist sich Kröhnert ohnehin als Minimalist. Allein durch perfekt imitierte Stimmen, deren Sprachgestus und stereotype Redewendungen, lässt er seine Probanden lebendig werden.

Blitzschnell wechselt er von den vulgären Verbal-Attacken Kinskis zu Werner Herzogs weichgespülter Verbindlichkeit, um gleich darauf mit wiegendem Tänzelschritt, hängenden Mundwinkeln und waidwundem Blick Angela Merkel aus dem parodistischen Ärmel zu zaubern. Und die hat so ihre liebe Last mit einem anonymen virtuellen Verehrer ihres "wilden Wurzelhaars" und unwiderstehlichen "Tigerinnen-Dunstes", der ihre "sinnlichen Synapsen" in Wallung bringt und ihr emotionales Bollwerk zu erschüttern droht. Während Angie bei Michel Friedmann Rat sucht, hat sich rund um "Big Brother" Wolfgang Schäuble längst ein Krisenstab honoriger Politiker gebildet, der die Kanzlerin als aktives Stasi-Mitglied, ja als "der wiedergeborenen Stalin, gefangen im Körper einer schlechtfrisierten Frau" entlarven will. Ohnehin stehe "die (vorbeugend lückenlos verwanzte) Nation ab sofort unter Generalverdacht"!

Jetzt ist Kröhnert voll in seinem Element und spielt sich im atemberaubenden Stakkato-Rollenwechsel durch die aktuellen Protagonisten und ewig Gestrigen der Republik. Er kennt seine Pappenheimer aus dem Eff-Eff: den "verfolgungswahnsinnigen Schäuble", die "Wetteiferer auf Merkels generalsekretierenden Kriechspur" Hintze und Pofalla, bis zu den "Elder Statesmen" Schröder und Kohl und deren obligatorische Worthülsen. Absolut brillant getroffen und messerscharf "seziert" allein mittels Sprache und Gestik!

Trotz gelegentlich kräftig überschmauchten sexistischen Tobaks brillierte Kröhnert durch seine unübertreffliche parodistische Extraklasse - und erntete lebhaften Beifall im gut besuchten Oberstdorf-Haus.