siehe Infokasten: "Kindern diesen Leidensweg ersparen"

24. Januar 2009 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
frank eberhard

Schule - Rektor Sprick hält vereinfachten Übertritt aufs Gymnasium für fragwürdig

Wohl vor allem mit einer Frage befassen sich derzeit Schüler der vierten Jahrgangsstufe und deren Eltern: Gehts in der fünften Klasse aufs Gymnasium, die Real- oder die Hauptschule? Aber nicht nur Eltern, sondern auch Wirtschaftsvertreter wünschen sich, dass möglichst viele Buben und Mädchen das Abitur oder die Mittlere Reife anstreben. Um mehr Kindern in Bayern diesen Weg zu ebnen, soll wie in anderen Bundesländern der Elternwille deutlich gegenüber der Aussage eines Notendurchschnitts aufgewertet werden. Und in einer sogenannten Gelenkklasse () soll in der 5. Jahrgangsstufe überprüft werden, ob der in der 4.Klasse gewählte Schulwechsel der Richtige war. Beide Maßnahmen hält Werner Sprick, Leiter der Volksschule in Memmingerberg, für fragwürdig.

"Zu optimistisch"

"Wenn der Elternwille freigegeben wird, kommt es im ersten Jahr natürlich zu einem großen Andrang an den Gymnasien und den Realschulen", ist sich Sprick sicher, der auch Landesvorsitzender des Bayerischen Schulleitungsverbands ist. Schließlich möchten Eltern die beste Schulform für ihre Kinder. "Viele werden da zu optimistisch sein", sagt Sprick, "und ihren Kindern letztlich keinen Gefallen tun". Denn für schwächere Schüler sei es nun einmal kein Zuckerschlecken, ständig für den Verbleib auf der weiterführenden Schule zu kämpfen. "Diesen Leidensweg sollte man den Kindern ersparen." Der Unterallgäuer Schulleiter rät den Eltern deshalb dazu, auf die Einschätzung der Grundschullehrer zu vertrauen. Diese hätten schließlich Erfahrungen mit vielen Kindern und nicht nur mit einem.

"Bei uns geht es gerecht zu"

Darüber hinaus würde der Ansturm auf Gymnasien und Realschulen dort unweigerlich zu personellen und räumlichen Problemen führen - und zudem die Hauptschule ausdünnen. In diesem Zusammenhang weist der Rektor zugleich den Vorwurf zurück, dass die Grundschulen bereits jetzt bei der Benotung der Schüler darauf achten würden, dass noch genügend Schüler auf den Hauptschulen verbleiben. "Das macht kein Lehrer", betont Sprick: "Bei uns geht es gerecht zu."

Mit Blick auf die geplanten Gelenkklassen, deren Konzeption im Übrigen noch in Arbeit ist, macht der Schulleiter deutlich: "Solche Klassen wären im besten Fall an Gymnasien und Realschulen denkbar, wo für schwächere Schüler Zusatzstunden angeboten werden könnten, aber nicht an Hauptschulen."

Denn dort könnte man nach Spricks Worten keinen Schüler so stützen, dass er aufs Gymnasium wechseln kann. "Hierfür müsste man zum Beispiel Latein an der Hauptschule anbieten," so der Rektor weiter.

Um mehr Akademiker in Deutschland zu bekommen, sollten in Spricks Augen nicht die Zugangsvoraussetzungen an weiterführenden Schulen weiter gesenkt, sondern vielmehr "die Tore zu den Hochschulen weiter geöffnet werden". So sei es etwa zu begrüßen, dass Handwerksmeister seit vergangenem Jahr in Bayern generell an Fachhochschulen studieren dürfen.