Liebevoll streicht die Seniorin den Schmutz von den Steinplatten. Gießt mit einer der typischen grünen Kannen die Pflanzen, verharrt einen Moment vor der Inschrift mit dem Sterbekreuz. In Wolken steigt ihr Atem in die kalte Novemberluft, vier Grad sind es an diesem Morgen. Ob man stören darf? 'Ja natürlich', sagt sie. Die Stadt will die Bestattungsgebühren erhöhen. Etwa 40 Euro mehr als bislang sollen es beispielsweise bei Bestattungen in den Urnengräbern sein, vor denen sie steht. Ist das in Ordnung? Die Frau überlegt. 'Doch, ist es. Alles wird ja teurer – und es ist schön angelegt hier, damit hat die Stadt eben viel Arbeit', sagt sie dann und sieht hinüber zu den Bäumen, vor denen buntes Laub wie ein dichter Teppich liegt.
Die Bestattungsgebühren der Stadt – schon seit einigen Jahren werden sie kontrovers diskutiert. Auch, weil viele ältere Kemptener befürchten, künftig sehr tief in die Tasche greifen zu müssen. Im nächsten Jahr soll es so weit sein – die Stadt will endgültig neue Bestattungsgebühren einführen. Vorgestellt wurden sie im Ausschuss für öffentliche Ordnung.
Warum überhaupt neue Gebühren? Seit 2006 sorgen die Friedhöfe für ein kräftiges Defizit. Zum einen, weil Gebäude dringend saniert werden mussten und zum anderen, weil immer mehr Hinterbliebene zu günstigeren und weniger pflegeintensiven Urnengräbern greifen. So bleiben viele Flächen leer, um die sich dann die Stadt kümmern muss.
Wie also kann das Minus heruntergefahren werden? Zum einen, so Nadine Briechle vom Rechts- und Standesamt, in dem die Friedhöfe durch neue Angebote attraktiver werden (eine neue Urnenstelen-Anlage wurde gerade in Sankt Mang errichtet). Zum anderen, in dem die Gebühren neu festgelegt werden.
Wird nun alles teurer? Nein – aber vieles, wie etwa die Dienste der Leichenträger und die Nutzung der Aussegnungshalle (siehe Info für einzelne Gebühren und Gesamtrechnungen für gängige Bestattungsarten in den Bildern). Billiger werden dagegen beispielsweise Erdbestattungen von Kindern oder die Nutzungsgebühr für die 'exklusiven' Gräber in Parkfeld-Lage und mit viel Freiraum rings herum.
Was geschieht ohne Neuberechnung der Gebühren? Dazu machte Heike Steinhauser vom Amt für Finanzen eine klare Rechnung auf: Werden die neuen Gebühren nicht eingeführt, bleibt Kempten zwischen 2012 bis 2015 auf weiteren 1,1 Millionen Euro sitzen. Mit der neuen Gebührenstuktur liegt das Minus niedriger – bei dann noch rund 711 000 Euro.
Das sagen die Stadträte: 'Insgesamt ausgewogen', urteilte Johann Lederle (CSU). Parteikollege Edgar Rölz konnte sich ebenfalls mit den Vorschlägen anfreunden – bis auf die nun billigeren 'Exklusivgräber' in Parklage. Diese, so erläuterte Heike Steinhauser, seien aber derzeit so teuer, dass sich kaum jemand dafür entscheide.
Thomas Hartmann (Grüne) regte an, Hilfen für Menschen zu entwickeln, die sich die Bestattung ihrer Angehörigen nicht leisten können – aber aus Scham nicht darüber sprechen. 'Es ist wirklich traurig, dass sich manche die Aussegnungshalle nicht leisten können', sah es Peter Wagenbrenner (CSU) ähnlich.