Waal - 'Aufbegehren führt zu Kopfverlust' lautete der Programmtitel, mit dem die beiden Urgesteine der bayerischen Kleinkunstszene, Sepp Raith und Otto Göttler, in der literarisch-musikalischen Gaststätte 'Deutsches Haus' in Waal dem Publikum das Leben und Sterben des legendären Räubers Matthias Kneissl beschrieben. Eines vorweg: Die Köpfe blieben alle drauf, das Publikum begehrte erst auf, als nach gut zwei Stunden Schluss sein sollte. Das Musikkabarett-Duo 'Göttler & Raith' hatte für das Programm das Leben des Räubers Kneissl genau recherchiert. Schon zu Beginn wird mit dem Lied 'Haberfeldtreiber' aufgezeigt, dass sich die Widerspenstigkeit der Kultfigur schon in der Jugend abzeichnete. Mit Textpassagen zwischen den musikalischen Beiträgen wird das Leben des Räubers in die heutige Zeit projiziert: 'D'Wohnung wär im Hasnbergl in München, da Drilling a Pump-Gun, 's Ross a Enduromaschine und statt Wildern wär Dealen angesagt', erläuterte Sepp Raith. Die sprachlichen Erläuterungen wurden mit musikalischen Einlagen, die sich auf die Geschichte bezogen, untermauert. Auch humoristische Lieder wie 'So a Gauner hat a Leb'n' wurden trotz der Tragik geboten. Mit den oftmals recht bissigen Liedern wurden fast alle Themen des Lebens satirisch-kritisch beleuchtet, die Kirche (' 's Zölibat is a G'frett'), der Staat, die Justiz und die Gesellschaft. Auch die holde Weiblichkeit wurde nicht immer schmeichelhaft dargestellt. Heute gebe es durchaus Parallelen zur damaligen Zeit, als der Räuber Kneissl in einer 'bigott-spießigen Gesellschaft keinen Fuß auf den Boden brachte, um mit ehrlicher Arbeit seinen Lebensunterhalt zu verdienen'.
Dass man trotz minderem Geistespotential dennoch Karriere machen kann, verdeutlichte das Lied 'Er ist ein Mann'. Die beiden passionierten Musiker glänzten nicht nur mit Gesang und Vortrag. Mit einem umfangreichen Instrumentarium fingen sie Stimmungen und Stationen des Lebens und Sterbens von Matthias Kneissl ein. Bayrischer Zweigesang, dazu Sepp Raith mit der Gitarre und Otto Göttler abwechselnd mit Diatonischer, Zither, Ukulele oder auch Teufelsgeige und Bachtrompete. Mit ihren sarkastischen Sticheleien sprachen sie dazwischen auch das Publikum direkt an, bezogen es in das Geschehen mit ein. In den zwei Stunden erfuhr der aufmerksame Zuhörer, dass der Räuber Kneissl ein Opfer tragischer Umstände war. Er sei auch nachdenklich und innerlich zerrissen gewesen, rückten 'Göttler und Raith' das Bild vom Helden zurecht. Als ihm 1902 mit der Guillotine in Augsburg der Kopf vom Körper separiert wurde, sei die Legende erst entstanden. 'So traurig können wir nicht aufhören', meinte Otto Göttler und so wurde der 'Bürger nach Maß' nachgelegt, 'der Garant, dass alles so bleibt wie es ist im Land.' Doch am Ende begehrte das Publikum auf und forderte Zugaben. Ein türkisches G'stanzl, der Song 'Immer trifft's de Kloana' und das Titellied 'Aufbegehren führt zu Kopfverlust' beendeten die eindrucksvolle und humoristische Nachhilfe in Sachen Volkshelden. Hanns-Michael Gum