Behörden und Gerichte entziehen Fahrerlaubnis. Von Verena Stitzinger Kempten Wer betrunken Auto fährt, dem droht der Führerscheinentzug. Doch die Polizei kontrolliert auch auf illegale Drogen: Etwa 40 Autofahrer, die unter Drogen - beispielsweise Haschisch oder Heroin - stehen, werden im Allgäu pro Jahr am Steuer erwischt - mit steigender Tendenz. Vorbei mit der Fahrerlaubnis ist es aber auch dann, wenn die Führerscheinbehörde jemanden aufgrund seiner Sucht als ungeeignet ansieht, ein Fahrzeug zu führen.
Ein 26-jähriger Oberallgäuer ist mit seinem Fall an die Öffentlichkeit gegangen: Er war sieben Jahre lang drogenabhängig und macht nun eine Methadon-Therapie. Der Heroinersatzstoff soll die Entzugserscheinungen mildern und ihm helfen, in ein normales Leben zurückzufinden. Um den Führerschein behalten zu können, muss er dem Landratsamt Oberallgäu eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) vorlegen. Der 26-Jährige beklagt, dass ihm damit von der Behörde 'Knüppel zwischen die Beine' geworfen würden.
Aber Max Kraile von der Führerscheinstelle in Kempten erklärt, dass das Vorgehen korrekt ist: 'Die Öffentlichkeit hat ein Recht, vor ungeeigneten Autofahrern geschützt zu werden.' Deshalb müssten die Behörden klären, ob Gefahr für die Allgemeinheit besteht. Wieviele Methadon-Patienten im Allgäu leben, ist behördlich nicht bekannt. Laut Leitlinien des Bundesverkehrministeriums erfüllen Methadon-Patienten ebenso wie andere Süchtige nicht die Voraussetzungen zum Führen eines Kraftfahrzeugs. Ausnahmen könnten jedoch bei Patienten gemacht werden, die ein gutes soziales Umfeld haben und seit einem Jahr keine Drogen mehr konsumieren. 'Sie haben bei der Untersuchung eine faire Chance', betont Kraile.
Am Bezirkskrankenhaus in Kaufbeuren werden solche Untersuchungen durchgeführt. Wenn beispielsweise wegen Cannabis-Gebrauchs ein Gutachten erstellt wird, muss derjenige ein Jahr lang immer wieder kommen, erläutert Dr. Siegfried Kreilinger, Leiter der Suchtambulanz. Von sich aus meldeten die Ärzte aber nur in 'extremen Ausnahmefällen' Süchtige an die Behörden.
Dass der Führerschein durch die Verwaltungsbehörde bei Landratsamt oder Stadt eingezogen wird, ist die Ausnahme: Nach einer groben Schätzung der Führerscheinstellen erfolgt das im Jahr etwa 60 Mal wegen illegaler Drogen und rund 15 Mal aufgrund von Alkoholsucht. Aufmerksam werden die Behörden auf diese Fälle, weil sie von Gerichten und Polizei über Gesetzesverstöße im Zusammenhang mit Drogen informiert werden.
Öfters entzieht das Gericht Führerscheine: Allein im Ostallgäu 400 aufgrund von Delikten im Zusammenhang mit Alkohol und 50 aufgrund illegaler Drogen. Auch jemandem, der mit seinem Auto regelmäßig Rauschgift transportiert, wird der Schein genommen: 'Weil dies ein Hinweis auf charakterliche Ungeeignetheit ist', erklärt der Kemptener Amtsgerichts-Direktor Gerhard Dambeck.
Über die Häufigkeit solcher Delikte wird bei Gericht keine Statistik geführt. Die Polizei hat im Allgäu im vergangenen Jahr jedoch rund 1700 Trunkenheitsfahrten registriert. Reine Drogenfahrten werden weitaus weniger verzeichnet, die Polizei vermutet aber eine hohe Dunkelziffer.
Rauschgift-Straftaten ausserhalb des Straßenverkehrs, die auch zum Führerscheinentzug führen können, sind in den letzten zehn Jahren um 239 Prozent auf etwa 1800 Fälle angestiegen.