Von Ingrid Grohe Lindenberg - Das Hauptanliegen der Westallgäuer Kunstausstellung ist Popularität. Um diese zu erreichen, legt die Jury um Helmut Caprano Wert darauf, jeden Geschmack zu bedienen. Auch die 40. Auflage dieser Schau wird sicher ein breites Publikum finden. Wer aber von einer regionalen Werkvorstellung erhofft, einige Überraschungen zu entdecken oder aktuelle Entwicklungen der Kunst wiedergespiegelt zu sehen, wird in Lindenberg einmal mehr enttäuscht. Es finden sich unter den weit mehr als 100 Bildern und Skulpturen viele dekorative Exponate mit leicht verständlichen Aussagen. Wirklich starke Stücke sind wenige darunter. Zu den positiven Eindrücken der 40. Westallgäuer Kunstausstellung gehören einzelne Plastiken. Günther Schrades Werk '5' hat zu Recht einen Platz inmitten des Ausstellungsraums erhalten. Fünf Säulen hat der Maierhöfener Bildhauer in einem Kreis angeordnet. Sie bestehen aus geschweißten Rahmen verrosteten Stahls, in die ganz unterschiedlich bearbeitete Steinelemente gehängt sind. Schrade stellt den Stein in neuer Verwendung vor. Das Material spricht hier eine Sprache, die man ihm nicht zugetraut hätte. Schwieriger ist es, die Malerei zu fassen. Schon immer war es angesichts der Fülle der im 'Löwen'-Saal gezeigten Bilder nicht leicht, diejenigen von bedeutender Qualität zu entdecken. Dies wird zusätzlich erschwert durch die Hängung, die offenbar Stücke ähnlicher Techniken/Stile nebeneinander präsentieren will.
Das verwirrt zum Teil und erschwert die Unterscheidung charakteristischer Merkmale. Zu jenen Malern, die im Westallgäu ein gewisses Niveau garantieren, gehört Werner Kimmerle (Isny) mit seinen exakt ausgeführten, fantasievollen Zeichnungen. Einen starken Ausdruck gibt Heinz Michalz aus Lindenberg seinem 'Bauer'. Als stimmiges Portrait fesselt diese Kohlezeichnung. Herausragend auch Heinz Zauners (Weißensberg) Bild 'Millstädter See' in der Sonderschau mit dem Thema 'Landschaft'. Den See und die umgebenden Berge löst Zauner teilweise in geometrischen Formen auf, passt Quader in Bergsilhouetten ein. Das Bild hat viel Tiefe. Mit seiner Farbwahl bringt Zauner ein subtiles und doch stechendes Licht in die Szene. Dieses Werk vereint verschiedene Aspekte eines gelungenen Kunstwerkes: eine durchdachte Bildkomposition, ein schlüssiges Farbkonzept, ausgefeilte Technik. 'Viele Kunstbetrachter wollen nicht ständig den Weg der anstrengenden Auseinandersetzung', meinte Helmut Caprano in seiner Eröffnungsrede. Einige der ausstellenden Kunstschaffenden jedoch schleudern den Betrachtern ihre Aussagen fast zu deutlich entgegen. Darunter auch Kunstpreisträger Wolfgang Post. Seine von der Lindenberger Jury ausgewählten Werke 'Kuss unter Masken' und 'Stier und Reagenzgläser' sind akkurat gezeichnet und leicht zu verstehen. Dieser Offensichtlichkeit fehlt eine weitere Dimension. Ein ehemaliger Kunstpreisträger, der in diesem Jahr verstorben ist, setzt bei der aktuellen Schau posthum Akzente: Hermann Gierer ist durch einige ausdrucksstarke Bronzeskulpturen präsent. Mehr Künstler dieser Qualität würden die Popularität der Westallgäuer Kunstausstellung noch steigern. i Die Westallgäuer Kunstausstellung im Löwen-Saal Lindenberg dauert bis 12. November. Geöffnet: Montag bis Samstag 15-18 Uhr, sonn- und feiertags 10-18 Uhr.