Buddeln im Sandkasten, Blumenpflücken oder Schaukeln. Ab einem gewissen Alter geben sich Kinder damit nicht mehr zufrieden. Abwechslung muss der Garten bieten, am besten viel Action. Da scheint das Trampolin auf den ersten Blick genau das richtige Freizeitgerät zu sein. Zumal dadurch auch Fitness trainiert und Koordination geschult werden. Seit jedoch fast in jedem Garten solche Trampoline stehen, erhöhen sich auch die Unfallzahlen deutlich. Eine ärztliche Studie spricht von über 100 000 Verletzungen beim Trampolinspringen pro Jahr in Deutschland. Tendenz steigend.
Das hat auch Dr. Claus Huyer, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, aus Kaufbeuren festgestellt. Seit 2006 führt er eine Statistik darüber. 'Ich habe seitdem über 100 Kinder mit teils schweren Verletzungen durch Trampolinspringen behandelt', sagt er. Huyer geht zudem von einer hohen Dunkelziffer aus, weil zum Teil die tatsächliche Verletzungsursache vom Patienten bei der Unfallaufnahme verschwiegen wird. Die Zahlen in Huyers Statistik haben sich im Vergleich zu 2006 inzwischen versechsfacht.
Allein 2014 wurden mit 22 Verletzungen doppelt so viele gezählt wie noch 2013. Die meisten Betroffenen in seiner Praxis in Marktoberdorf seien Zehn- bis 14-Jährige. Nur sechs Verletzte waren älter als 40 Jahre. Aber auch kleine Kinder verletzten sich auf dem Trampolin immer wieder. Der jüngste Patient Huyers war beispielsweise gerade einmal drei Jahre. 'Und er hatte mit einem Wirbelbruch auch die schwerste Verletzung. Damit ist bei Kindern nicht zu spaßen, denn die Narbe bleibt das restliche Leben', erklärt der Arzt.
Vielfältige Blessuren
Auch die Art der Verletzungen hat Huyer notiert. Er zeigt auf den Bildschirm seines Computers: 38 Wirbelsäulenverletzungen, 20 am Knie. 'Vier davon waren Kreuzbandrisse, für das Knie eine Katastrophe', erklärt Huyer. Dazu kommen 30 Verletzungen des Sprunggelenks, 23-mal waren obere Extremitäten wie Schulter oder Ellenbogen betroffen (zwölf Brüche), 66-mal die unteren Extremitäten, also beispielsweise die Hüfte. Füße und Finger wurden insgesamt 22-mal verletzt. Der Orthopäde glaubt, dass die Häufung der Fälle auch daran liegt, dass mittlerweile fast das ganze Jahr über selbst bei den Discountern günstige Trampoline angeboten werden - und die Geräte damit für jeden erschwinglich sind. 'Dabei ist das ein schwieriger Sport mit einer völlig anderen Dynamik. Da sind Bewegungen erforderlich, die man nicht automatisch lernt', erklärt Huyer.
Kritisch werde es meistens dann, wenn mehrere Kinder gleichzeitig auf dem Trampolin stehen. Denn: Wenn ein Kind zum Beispiel auf dem Sprungtuch landet, so spannt sich dieses kurzzeitig und wird hart. Landet gerade zu diesem Zeitpunkt ein zweites Kind, kommt es oft zu Problemen. 'Sie erwarten, dass der Untergrund nachgibt. Landen sie dann aber hart, so überfordert das die motorische Geschicklichkeit der Kleinen, denn die Koordination entwickelt sich erst im Lauf des Lebens', sagt Huyer. Der Rat des Unfallchirurgen: Es sollte sich immer nur ein Kind alleine auf dem Sprunggerät aufhalten.
Sportlicher Aspekt
Den sportlichen Aspekt des Trampolins will Huyer gar nicht infrage stellen. Gut für die Kondition sei es auf jeden Fall - wenn man das Springen denn unter Anleitung eines fachkundigen Übungsleiters lernt. Beispielsweise in Sportvereinen. Hüpfburgen, berichtet der Arzt, seien im Übrigen längst nicht so gefährlich. Die Unfallzahlen seien verschwindend gering. 'Weil eine Hüpfburg nachgibt, wenn man hineinspringt', sagt Huyer.