Von Peter Steinbach, Marktoberdorf - Ein Konzert mit dem Orchester 'Philharmonie der Nationen' und seinem Mentor und Leiter Justus Frantz, das ist nicht nur ein künstlerisches, sondern auch ein mediales Ereignis. Der berühmte Dirigent und Pianist vermag selbst an einem undankbaren Tag wie Montag die Konzertfreunde zu mobilisieren, und das, obwohl kein großes Konzert, sondern 'nur' seine Kammerphilharmonie angesagt war. Das Modeon war fast ausverkauft, und das Publikum feierte Dirigent, Solisten und Orchester mit herzlichem Beifall. Justus Frantz übernahm selbst die Moderation, was sofort eine persönliche Atmosphäre im Saal schaffte, aber nicht nur musikalisch-informelle Gründe hatte. Er dankte den Hauptsponsoren, ohne die solche Konzerte gar nicht denkbar wären, sind doch die Musiker aus 40 Nationen und sieben Sprachgebieten auf diese Unterstützung in hohem Maße angewiesen. Die Allgäuer Zeitung, zum vierten Mal dabei, der Marketing-Club Allgäu, die Wirtschaftsjunioren Kaufbeuren-Ostallgäu, das Bavaria Autohaus und die Aktienbrauerei Kaufbeuren wurden als Sponsoren dankbar erwähnt. Über den Informationsgehalt des Programmheftes hinaus sollte erwähnt werden, wie es laut Justus Frantz zu diesem multinationalen Orchester kam: Als im Jahre 1989 die Mauer fiel, wurde in Berlin Beethovens 'Neunte' aufgeführt. Justus Frantz traf sich damals in Berlin mit Leonard Bernstein, und aus dem Schiller-Text der 'Ode an die Freude' - 'Alle Menschen werden Brüder' - entwickelte sich die Idee, über Grenzen, Religion und Ideologien hinweg hoch begabte Musiker zu einem Ensemble zu vereinen.
Bach im ersten Teil Die 17 Musiker um Justus Frantz begannen mit Johann Sebastian Bach, dem der erste Teil gewidmet war. Ungewohnt, von manchen Kammerensembles aber praktiziert, dass alle Geiger und Bratscher im Stehen spielten. Zunächst also das Brandenburgische Konzert Nr. 5 in D-Dur, BWV 1050, für Solovioline, Soloflöte und konzertierendem Cembalo, dem zum Ende des ersten Satzes eine umfangreiche Kadenz obliegt. Das erforderliche Cembalo dafür wurde dabei durch den Bösendorfer Flügel ersetzt, weil nach Angaben von Frantz ein einmanualiges Cembalo, wie es zur Verfügung stand, klanglich zu schwach gewesen wäre. Dafür war der Flügel, und das ist sicher der einzige Punkt, der ein wenig Kritik verträgt, über manche Passagen zu dominant. Joszef Lendvay (Violine) und Chr. Dobrinoff (Flöte) spielten ihren Solopart mit hinreißender Eleganz. Ebenfalls mit Lendvay, aber dafür Martin Panteleev als zweiten Solisten, das Doppelkonzert für zwei Violinen in d-Moll, BWV 1043. Die beiden Künstler standen sich in nichts nach, und der Austausch der Blicke, die sie sich gelegentlich zuwarfen, zeigte einmal mehr die Freude am überlegenen Spiel. Vor der Pause noch das Brandenburgische Konzert Nr. 3 in G-Dur, BWV 1048. Nur für Streicher und Continuo ist es eines der populärsten Bach'schen Orchesterwerke und, spielt man den Finalsatz 'a tempo', auch eines der virtuosesten. Mit unglaublicher Schnelligkeit und Präzision wechselte das Thema durch die Instrumentengruppen. Einen Sprung in die Romantik bedeutete die Streicherserenade in C-Dur op. 48 von Peter Tschaikowsky. Das barocke Thema, mit dem sie beginnt und auch endet, ist eingerahmt von Walzerfolgen, Elegien und dem ein wenig polternden 'Thema russo'. Trotz der sich harmlos anhörenden Tonart C-Dur ein unglaublich differenziertes, mit Vorzeichen gespicktes und rhythmisch anspruchsvolles Werk, mit Kraft und Noblesse interpretiert. Das Publikum war begeistert, und der Maestro spürte wohl, dass es damit nicht genug sein konnte. Eine wunderschöne Zugabe, das 'Weihnachtskonzert' von Arcangelo Corelli. Die Musiker, eine Auswahl der 'Philharmonie der Nationen', zeigten sich als ein hoch motiviertes, hoch professionelles Ensemble, dem man trotzdem in jeder Phase anmerkte, dass Musik, selbst wenn man sie beruflich ausübt, viel Spaß machen und Begeisterung erzeugen kann. Ein hinreißender, lange nicht mehr erlebter Konzert-Abend.