Oberstdorf/Eschach | Von Michael Munkler: Jochen, das Multitalent

31. Dezember 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Mindelheimer Hütte - Wirt Krupinski bewirtschaftet den Stützpunkt seit 30 Jahren

Nur im Team könne eine Hütte vernünftig bewirtschaftet werden. Der das sagt, der muss es wissen: Jochen Krupinski, seit 30 Jahren Wirt auf der Mindelheimer Hütte in den Allgäuer Alpen. Auch wenn der Begriff etwas strapaziert klingt: Krupinski (58) ist so etwas wie ein Urgestein - er verkörpert wie kaum ein anderer den typischen Allgäuer Hüttenwirt. Vielleicht hat man ihn auch deshalb zur Symbolfigur der Aktion Allgäuer Bergwegretter gemacht.

Fünf Jahre bevor Krupinski mit seiner Frau Centa die Mindelheimer Hütte übernahm, machten die beiden erste Erfahrungen als Wirte auf dem Naturfreundehaus bei Immenstadt. "Das war im Oktober 1973", erzählt Krupinski. "Wir hatten gerade angefangen, da gab es die autofreien Sonntage". Entsprechend seien damals an diesen Sonntagen Massen von Gästen gekommen. "Die Züge waren brechend voll und viele wanderten hinauf zum Naturfreundehaus." Für das junge Hüttenwirts-Paar war das ein guter Start im neuen Job.

"Wir waren ja Quereinsteiger", sagt Krupinski, eigentlich gelernter Maschinenbauer.

Seine Frau Centa ist Heizungs- und Lüftungstechnikerin - auch nicht unbedingt die klassische Ausbildung für die Bewirtschaftung einer Hütte mit der Gästezahl eines großen Hotels - an schönen Wochenenden übernachten manchmal über 200 Personen auf der Mindelheimer Hütte.

Gäste heute anspruchsvoller

Als die Krupinkis vor 30 Jahren den Alpenvereins-Stützpunkt der Sektion Mindelheim übernahmen, gab es da oben ein paar Gas- und Petroleumlampen. Einfache Küche war angesagt. Die Wanderer waren mit Sauerkraut und Würstel zufrieden, dazu ein Glas Rotwein oder eine Halbe Bier. Krupinski: "Heute sind die Gäste anspruchsvoller, wollen die Weinkarte und natürlich beim Essen auswählen." Er koche oben genauso wie im Tal: "Möglichst alles frisch."

Und doch ist oben am Berg alles etwas anders, mühsamer. Zum Beispiel die Energieversorgung: ein mit Pflanzenöl betriebenes Blockheizkraftwerk und eine Photovoltaik-Anlage produzieren Strom und Wärme, das Abwasser wird in einer vollbiologischen Kläranlage gereinigt. Für diese Anstrengungen hat der Alpenverein die Hütte als eine der ersten mit dem Umweltgütesiegel ausgezeichnet. Viele weitere Auszeichnungen folgten. Jochen Krupinski ist nicht nur ein exzellenter Koch, sondern vor allem auch ein begnadeter Tüftler. Für jedes technische Problem hat er irgendwann eine Lösung gefunden - eben der ideale Hüttenwirt.

16 Stunden hat der Arbeitstag auf einer Hütte, sagt Krupinski - der nach getaner Arbeit gerne mal noch das ein oder andere Glas Roten mit seinen Gästen genießt. Jetzt, im Winter, nach der rund 130-tägigen Sommersaison, lebt er mit seiner Frau zusammen in Buchenberg-Eschach bei Kempten, wo er nicht nur Ferienwohnungen anbietet, sondern auch abends für Gruppen kocht. "Das ist mein Reich", öffnet er die Türe zu seiner professionell ausgestatteten Küche.

Wie lange er noch als Wirt auf der Mindelheimer Hütte bleiben wird? Der bärtige 58-Jährige lächelt und verrät dann: Die Zeit ist absehbar. Nächsten Sommer aber werde er auf jeden Fall noch oben sein. Zusammen mit seinem Team, das aus etwa zehn Helfern besteht. "Wir sind da oben wie eine große Familie."

In der Reihe "Alpengeschichten" strahlt das Bayerische Fernsehen am Sonntag, 4. Januar, um 15.15 Uhr einen Film über Jochen Krupinski auf der Mindelheimer Hütte aus. An der Kamera stand dabei Karlo Bernegg aus Kempten.