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Jeder trägt im Alltag seinen Teil bei

Bolsterlang / Untermühlegg

Jeder trägt im Alltag seinen Teil bei

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    "Quartier, Essen und Arbeit - ich habe hier alles, was ich brauche", sagt Eberhard Anwander. Der 65-Jährige hat zwei Prothesen, ist in Rente - und fühlt sich selbst viel zu rüstig für ein Leben im Heim. Deshalb war er einer der ersten, der im Sommer in das Mehrgenerationenhaus in Untermühlegg zog. Für den Gründer der gemeinnützigen Einrichtung, Fredi Orazem, ein Segen: Als gelernter Krankenpfleger kann sich der 65-Jährige optimal in der Wohngemeinschaft einbringen. Froh ist Anwander im Gegenzug, dass er nicht allein sein braucht. Und sich etwa nicht ums Kochen kümmern muss. "Früher habe ich nie regelmäßig gegessen - das ist hier für meine Gesundheit eine tolle Sache." Denn ums Essen kümmert sich Fredi Orazems Mutter Tragica.

    Und genau davon lebt die integrative Wohnform: Jeder im Haus trägt seinen Teil zum gemeinsamen Alltag bei - und erhält dafür entsprechende Hilfe in anderen Bereichen. Die 21-jährige Claudia Weilandt etwa möchte Sozialpädagogik studieren und später mit Kindern arbeiten. Sie will, sobald das erste Kind im Mehrgenerationenhaus eingezogen ist, eine Nachmittagsbetreuung organisieren. "Für mich ist das ein toller beruflicher Einstieg", sagt sie. Dass sie momentan die Jüngste in der Wohngemeinschaft ist, stört sie nicht: "Menschen in jedem Alter sind interessant."

    Wer will, kann sich auch an gemeinsamen Freizeitaktivitäten beteiligen, etwa den sonntäglichen Ausflügen - Zwang gibt es keinen. Und auch für Mobilität ist gesorgt: Ein Sprinter ist gekauft, jetzt wollen die Hausbewohner zudem gemeinsam ein Elektroauto anschaffen. "Alleine könnte man sich einen solchen Zweitwagen kaum leisten - gemeinsam schon", betont Orazem.

    Auslöser für ihn, das Projekt ins Leben zu rufen, war seine Bekanntschaft mit der Künstlerin Barbara Geiger, bei der damals Parkinson diagnostiziert wurde. "Für sie kam ein Heim nicht in Frage, wir mussten eine andere Wohnform finden." Ein kleines Team suchte nach Alternativen. Als Orazem auf einer Messe in München ähnliche Projekte kennenlernte, stand für ihn fest: Er wird im Oberallgäu eine integrative Wohngemeinschaft gründen.

    Das war im Jahr 2004. Die "Wahlfamilie Sonthofen" wurde gegründet, die dortige Wohngemeinschaft soll im Jahr 2010 in die Praxis umgesetzt werden.

    Dass nun schon früher zusammengezogen werden konnte, war ein Glücksgriff. "Ich war privat auf Wohnungssuche, stieß dabei auf die einstige Pension in Untermühlegg und dachte: Das ist es - sowohl von der Lage her, als auch von den Räumen." Sechs Menschen sind seit Juli ins Mehrgenerationenhaus gezogen. Die einen brauchen weniger Betreuung, die anderen mehr - wie etwa der 60-jährige Helmut Schmid-Bauer als insulinpflichtiger Diabetiker. Seine Laienpflege innerhalb der Gemeinschaft wird ergänzt durch professionelle Hilfe.

    Auch die jüngsten Hausbewohner "arbeiten" mit

    Demnächst wird eine Frau mit Demenz einziehen - hier sollen auch die jüngsten Hausbewohner "mitarbeiten": Mit den sechs Wochen jungen Katzen plant Fredi Orazem eine tiergestützte Pflege. Zudem hofft er, dass bald auch Kinder im Haus leben werden, sodass dann tatsächlich vier Generationen unter einem Dach wohnen - gut könnte er sich Alleinerziehende mit Kind vorstellen.

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