Von Christian Gögler Immenstadt Eigentlich müsste es sich langsam herumgesprochen haben: Wer sich beim Broadway Joe am Mittelgang einen Platz sucht oder gar in der ersten Reihe, der muss mit teilweise deftigem Spott rechnen. Und trotzdem setzen sich die Kabarettbesucher im Klostergarten auf die kritischen Plätze. Unwissenheit kann man da fast keinem mehr unterstellen, denn durch seine Auftritte ist Josef Haberstock so sein bürgerlicher Name zumindest im oberen Oberallgäu bekannt wie der bunte Hund. Für den Immenstädter Sommer hat der für hiesige Verhältnisse - ungewöhnlich schräge Allgäuer sein Programm aufgestockt. An seinen beliebten Klassikern kam er jedoch nicht ganz vorbei. Als Vorlage nimmt der Broadway Joe gerne banale Alltagserlebnisse, die er mit großer Fantasie zu zündenden Gags ausbaut. Zu dem beliebten Dung-Dong-Song wurde Haberstock beispielsweise an jenem Tag inspiriert, als er die geliebten Kaugummiautomaten-Prinzessinnen-ringe seiner Tochter im Blumendünger suchen musste. Nicht selbst erlebt deshalb auch in der Du-Form interpretiert das rockige Lied von den attraktiven, draufgängerischen Frauen, die rotes Haarfärbemittel benutzen. Henna Henna hießen die Damen im Dialekt kurz und knapp. Sprachkenntnisse im Umgang mit dem wortkargen Allgäuer konnten hergschmeckte Führungskräfte in einem Crashkurs erwerben. Doch auch den Inghuimischen tritt Haberstock kräftig auf den Schlips mit seinen Deutungen zur Herkunft von Allgäuer Nachnamen. Was zunächst harmlos und nett beginnt, endet schließlich derb und zotig. Immerhin musste der Broadway Joe dafür fleißig im örtlichen Telefonbuch geblättert haben. Weder politisch noch sozialkritisch will der Broadway Joe sein. Dennoch hält er seinem Publikum gerne den Spiegel vor.
Besonders gut gelungen ist ihm das bei dem Spiritual über die Lieblingsbeschäftigung des Allgäuers: das Jammern. Begleitet von Joghurtbecher-Rasseln und Schubladen-Trommeln durfte das Publikum in der Art der afroamerikanischen Sklavengesänge, doch im Allgäuer Dialekt, lamentieren. Der schwierige Canon überforderte die Sänger zwar, doch die Wirkung war erreicht: Man erkennt sich wieder und kann über sich selbst lachen! Außerdem tut Jammern ja so gut. In seiner Ballade vom Harndrang stellte der Broadway Joe die schwerwiegende Frage: Wo brunz i hi? Geradezu prophetisch, denn genau dieser Problematik mussten sich in der Pause auch diejenigen stellen, die Richtung Tiefgarage gelaufen waren. Dort war das stille Örtchen geschlossen. Frisch ist es geworden im Klostergarten. Wohl dem, der in weiser Voraussicht eine Decke eingepackt hatte. Ansonsten hilft nur Singen, Klatschen oder heftige Zwerchfellbewegung. Der Humor vom Broadway Joe funktioniert im Allgäu sehr gut, nur bei neueren Gags reagierte das Publikum manchmal noch etwas zurückhaltend. Der altbekannte Bolle Käs zum Abschluss versöhnte alle wieder. Obwohl einige Vorderbänkler im Laufe des Abends immer wieder Spötteleien über sich ergehen lassen mussten. Bleibt das Rätsel, warum sich die Leute immer wieder dorthin trauen? Vielleicht haben sie es ja auf die kleinen Geschenke abgesehen, die der Broadway Joe am Ende an die Verspotteten verteilt? Kaffee gab es diesmal. Als Wiedergutmachung sozusagen. Eine faire Geste. Wegen der großen Kartennachfrage gibt der Broadway Joe am Freitag, 9. Juli, um 20 Uhr eine Zusatzvorstellung im Immenstädter Klostergarten bei schlechtem Wetter in der Mehrzweckhalle Maria Stern.