Füssen/München | ff | "Ab Kilometer 70 brennen einem ganz schön die Oberschenkel - da muss man die Zähne zusammenbeißen." Doch Markus Zwanzig hat - so wie seine acht Mitstreiter - den inneren Schweinehund überwunden. Nach 126 Kilometern und gut sechs Stunden Fahrzeit hat die Füssener Clique ihr Ziel erreicht: das Oktoberfest. Und das nicht zum ersten Mal. Denn seit 1975 ist die Radltour zur Wiesn eine feste Tradition. Start ist stets punkt 7 Uhr am Pulverturm.
Über Trauchgau, die Wies, Schöffau, Uffing, Neuried, Seehaupt und Fürstenried führt die Route teils über die Felder in die Landeshauptstadt. "Mit einem 25er Schnitt sind wir ein strammes Tempo gefahren", erzählt "Nesthäkchen" Zwanzig, der erstmals dabei war. 50 Jahre älter ist der "Senior" im Team: Otto Mendler absolvierte die Tour lange Zeit mit einem Hollandrad mit lässigem Lenker und drei Gängen, ehe er vor zehn Jahren aufs Mountainbike umstieg. "Rennräder oder mehr als fünf Gänge waren damals nicht erlaubt, weil der Stanner Rudi kein anderes Fahrrad gehabt hat", erinnert sich "Team-Kollege" Herbert Fichtl schmunzelnd an die erste Tour 1975. Auf der Strecke gab es mitunter durchaus Komplikationen: "Wir haben uns schon verfahren und standen dann vor einem riesigen Kartoffelacker", berichtet Mendler.
Heute geht es dank moderner Satelliten-Navigation von Heinz Hipp leichter.
Und auch aus München selbst ist so manche Anekdote überliefert. So habe die Füssener Truppe beim Absperren ihrer Drahtesel einmal ein fremdes Fahrrad mit angekettet, so Fichtl. Die Räder wurden alle auf einen Lastwagen geladen und heim nach Füssen gekarrt. "Als am nächsten Tag der Irrtum bemerkt wurde, haben wir das Rad heimlich nach München zurückgebracht." Ein anderes Mal ging ein Radler verloren. Er hatte die Abfahrt des Busses verpasst und musste sich von seiner Frau abholen lassen, erinnert sich Fichtl, der 1975 die Idee zur Tour hatte.
Seitdem ist die Tour nur zwei Mal ausgefallen: 2002, weil schon knietiefer Schnee lag. Und 2007 zwang tagelanger Eisregen zur Pause. Das Schönste - und da sind sich die Wiesnradler einig, sei die Ankunft im Festzelt. "Als ob der König persönlich den Raum betritt, wurden wir anfangs empfangen", schwärmt Mendler. "Die Tische waren weiß gedeckt und sofort kamen die Bedienungen." Und die brachten die "Traummaß", auf die sich alle den ganzen Tag gefreut hatten.
