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Ist Ganzkörpermassage Prostitution?

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Ist Ganzkörpermassage Prostitution?

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    49-jährige Westallgäuerin zahlt 250 Euro Geldbuße, um Strafverfahren zu verhindern Lindau/Westallgäu (enz). 'Ich mache keine Wohlfühlmassagen mehr', erklärte eine 49-jährige Westallgäuerin. Damit zog sie ihren Einspruch gegen eine Geldbuße von 250 Euro zurück. Diese war ihr wegen verbotener Prostitution auferlegt worden.

    Zuvor hatte die Frau die Frage des Richters nach ihrem Beruf differenziert beantwortet. Eigentlich sei sie Friseuse, habe jedoch dann autodidaktisch auf Masseurin umgeschult, um gestressten Menschen Entspannung zu gönnen. Dass ihre Wellness-Massagen als strafbare Handlungen angesehen würden, sei ihr nicht bewusst gewesen. Die Begründung im Strafbefehl, mit wechselnden Partnern gegen Entgelt der in ihrem Wohnort verbotenen Prostitution nachgegangen zu sein, entspreche nicht den Tatsachen. Sie habe ihre Kunden lediglich mit Ganzkörpermassagen beglückt und sich ansonsten auf nichts eingelassen. Jetzt wollte es Richter Thomas Walther genauer wissen: Seine Frage, ob ausnahmslos alle Körperteile massiert worden seien, brachte die Westallgäuerin nicht in Verlegenheit: Wie der Name schon sage, gehörten zum ganzen Körper natürlich sämtliche Gliedmaßen. Sie habe keine davon benachteiligt oder bevorzugt. Und sie könne nichts dafür, wenn der Körper des einen oder anderen Kunden auf die Massage überreagiere. Den Einwand des Richters, in einem Zeitungsinserat mit dem Begriff 'Erotikmassage' geworben zu haben, konterte die Beschuldigte: 'Ich habe bewusst den Begriff Wellness vermieden, weil damit heutzutage jeder Werbung macht. Da springt niemand mehr drauf an.' Der Anwalt der Westallgäuerin nutzte eine kurze Atempause, um dem Richter die Visitenkarte seiner Mandantin zuzuschieben. Walther schob die Karte zurück: 'Was soll ich damit, ich will das Ding nicht.' Jetzt ging der Anwalt aufs Ganze, packte den Großen Duden aus dem Jahr 1968 aus und las vor, wie das Regelwerk der deutschen Sprache den Begriff 'Prostitution' definiert: 'Gewerbsmäßig betriebenes Sichanbieten zum Geschlechtsverkehr.' Weil es aber nie zum Geschlechtsverkehr gekommen sei, so folgerte der Verteidiger, müsse der Bußgeldbescheid aufgehoben werden. Walther parierte: 'Vor Gericht ist das Gesetzbuch der Duden.' Gleichwohl vermute er, dass in Duden neueren Datums der Begriff Prostitution weiter gefasst sei und die gewerbsmäßige Ausübung jeglicher sexueller Handlungen umfasse. Er rate dem Anwalt, seine Mandantin zur Rücknahme des Einspruchs zu bewegen. Wenn nicht, werde womöglich aus der Ordnungswidrigkeit eine Straftat. Den Ermittlungen zufolge habe die Westallgäuerin in den vergangenen eineinhalb Jahren monatlich 15 Kunden bedient. Damit sei der Straftatbestand der 'beharrlichen Zuwiderhandlung' gegeben, was nach dem Strafgesetzbuch mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten geahndet werden könne. Das wurde der 49-Jährigen zu mulmig: 'Ich zahle und fertig.' Sie habe halt das Pech, dass ihr Wohnort in einer 'erotikfreien Zone' liege. Widerspruch des Richters: 'Da verwechseln Sie was. Ich hoffe doch, dass es im Westallgäu viele erotische Menschen gibt.'

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