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Irgendwas hatten wir erwartet

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Irgendwas hatten wir erwartet

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    Memmingen (hku). Bei allem Entsetzen, bei aller Trauer richtet die Engländerin Barbara Engel den Blick doch schnell nach vorne: 'Meine Landsleute werden schnell wieder aufstehen. Es ist ein Volk, das sich nicht hängen lässt', glaubt die 59-Jährige, die seit vielen Jahren in Memmingen lebt. In England herrscht Ausnahmezustand nach den gestrigen Terroranschlägen in London mit vielen Toten. Sofort als sie davon erfahren hatte, telefonierte Barbara Engel mit ihrem Schwager in Newcastle und ließ sich berichten, was in England über das schreckliche Geschehen berichtet wird. 'Die allgemeine Meinung ist, dass die Anschläge mit dem Treffen der Regierungschefs in Schottland zu tun haben. Weil die Politiker zu gut abgeschirmt sind, wurde ein anderes Ziel gesucht.' In Gleneagles haben sich die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen und Russlands versammelt. Barbara Engel ist nicht überrascht, dass es offenbar islamistische Terroristen waren, die gestern in London ein Blutbad angerichtet haben.

    Viele Engländer hätten schon länger geahnt, dass etwas passieren würde: 'Irgendwas hatten wir erwartet.' Und zwar seit der Zeit, als sich Premierminister Tony Blair beim Irak-Krieg auf die amerikanische Seite gestellt habe. Der Anschlag in Madrid vom vergangenen Jahr habe die Sorgen noch verstärkt. Nachdem sich nun die schlimmsten Befürchtungen bewahrheitet hätten, 'wird Blair noch mehr unter Druck geraten', prophezeit Barbara Engel, die mit dem früheren Memminger Musikschul-Leiter Jann Engel verheiratet ist. Viele Engländer hätten das Vertrauen in den Premier verloren, seit er keine schlüssigen Beweise für Massenvernichtungswaffen im Irak und damit für einen entscheidenden Kriegsgrund habe liefern können. Nach den Terroranschlägen sieht Barbara Engel den inneren Frieden in ihrer Heimat gefährdet: Da alles dafür spricht, dass islamistische Terroristen am Werk waren, 'werden die Moslems sehr unter dieser Sache leiden'. Dabei zeichne sich Englands multikulturelle Gesellschaft doch eigentlich durch viel Toleranz aus. Menschen verschiedener Hautfarben und Konfessionen würden 'relativ gut miteinander auskommen'. Barbara Engel kann sich auch vorstellen, dass London jetzt als Austragungsort der Olympischen Sommerspiele 2012 in die Diskussion gerät: Möglicherweise werde mancher die Stadt für zu gefährlich halten, um die Jugend der Welt zum sportlichen Wettkampf zu empfangen. Die 59-jährige Wahl-Memmingerin, die als Deutsch-Studentin erstmals ins Allgäu kam und an einer Füssener Sprachschule unterrichtete, wird von den Ereignissen in ihrer Heimat nichts verpassen: 'Ich lese täglich englische Nachrichten im Internet.'

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