Oberstdorf/Sonthofen. - Der Dax dümpelt unter 3000 Punkten dahin, die Wirtschaft kommt einfach nicht in Fahrt. In Zeiten der Rezession wird in der Regel wenig investiert - die Konjunktur schwächelt noch stärker. Doch es gibt genügend Fälle, die zeigen, dass Firmen sich diesem Trend ganz bewußt entziehen. Mal schafft ein Unternehmen neue Maschinen an, mal baut ein anderes eine neue Halle, mal entstehen neue Geschäftsfelder. Nicht immer springen dabei sofort weitere Arbeitsplätze heraus. Aber zur Zukunfts-Sicherung dienen solche finanziellen Anstrengungen allemal. In einer Serie wollen wir Beispiele dafür aus der Allgäuer Region vorstellen. Den Auftakt macht heute der Bericht über ein Hotelprojekt in Oberstdorf. Von Etienne le Maire, Nahezu ungerührt von der allgemeinen Wirtschaftsflaute zeigt die Hotellerie - jedenfalls im hochpreisigen Segment - recht muntere Investitionsbereitschaft. So sind im Oberallgäu neben kleineren zwei große Projekte mit einem Investitionsvolumen von jeweils 25 bis 30 Millionen Euro im Gespräch: Ein neues Fünf-Sterne-Hotel mit 150 Doppelzimmern in Oberstdorf; und ein Ausbau des Kongresszentrums im Sonthofener 'Allgäu Stern'. Um in Oberstdorf solche Summen in die Hand zu nehmen und '100 bis 120 neue Arbeitsplätze' zu schaffen, braucht Heino Deeken auch in konjunkturschwacher Zeit kein Motiv. Denn vor 13 Jahren hatte der Architekt aus Lingen im fernen Emsland in aussichtsreicher Lage im Norden Oberstdorfs ein 27000-Quadratmeter-Grundstück mit einer Klinik-Ruine gekauft. Die Zufahrt und eine Brücke hat er saniert. Nur zum Bauen kam er nie. Der inzwischen 64-Jährige wollte seinerzeit eine neue Klinik mit 220 Betten hochziehen. Und scheiterte damit 'satt'. Genehmigt wurde zunächst ein 40-Betten-Sanatorium, Jahre später ein Haus mit 100 Zimmern - Größenordnungen, die man 'nicht wirtschaftlich betreiben' könne. Die anfangs geplante Klinik gibt es heute zwar - aber näher an der Nordsee als am Nebelhorn: Deeken baute das Haus mit 286 Zimmern in Lingen. Dadurch lange gebunden, habe er jetzt wieder Luft, um sich um sein Oberstdorfer Grundstück zu kümmern. Deeken beantragte, ein 150-Zimmer-Hotel mit bis zu 300 Betten bauen zu dürfen. Und war 'begeistert' von einem 'sagenhaften Wandel' in Oberstdorf: Nach 'sehr fruchtbaren' Gespräche mit dem neuen Bürgermeister Thomas Müller gab nun jüngst der Bauausschuss ein positives Signal. 'Sogar Hoteliers haben mein Projekt unterstützt. Da zieh\' ich den Hut', sagt Deeken erfreut - wiewohl Planung und Verfahren noch ganz am Anfang stehen.
'Krisensicherer Stabilitätsfaktor' Das Investitionsverhalten der Hotellerie - jedenfalls der an Sternen reicheren - ist offenbar allgemein von der Konjunkturkrise weitgehend unberührt. Denn gut betuchte Hotelgäste gibt es auch in schlechten Zeiten. Jodok Müller, Vorstand der Raiffeisenbank Kleinwalsertal, die Kreditgeschäfte schwerpunktmäßig im Tourismus macht, ist sich da einig mit Dirk Schoppmann, Geschäftsführer des Hotel-Marketing-Verbandes 'Pro Allgäu'. Bei starkem Konkurrenzdruck bestehe neben der Bereitschaft, zu investieren auch die Notwendigkeit dazu, sagt Schoppmann. Zudem neigten Kommunen, denen Steuereinnahmen aus anderen Branchen fehlen, stärker als früher auch im schwierigen Tourismus-Bereich zu investorenfreundlichen Beschlüsse - wie in Oberstdorf. Auch strenger gewordene Kreditvergabe-Kriterien wirkten laut Jodok Müller ja nicht hemmend, wo erfahrene Hoteliers durchdachte Konzepte vorlegen. So zeige sich die Spitzen-Hotellerie im Allgäu als großenteils krisensicherer Stabilitätsfaktor mit weitgehend ungebremster Investitionsbereitschaft, sagt Schoppmann. Kommunen, Bauhandwerk, und Handel profitieren daran. 'Nicht flächendeckend, aber in der ganzen Region' werde in Hotels investiert - meist in Verbesserungen des Wellness-Angebots. Allein in Oberstdorf hegen vier etablierte Häuser Investitionspläne. Und selbst nach der gleichen Größenordnung wie Deekens Neubau-Projekt sucht man nicht weit: Im 'Allgäu-Stern' in Sonthofen prüft man derzeit, ob sich eine Erweiterung des bestehende 'Alpen-Congress-Center' lohnen könnte. Grob geschätzte Kosten dieses Projektes: Ebenfalls 25 bis 30 Millionen Euro.