Memmingen (vog). - 'Der Weinmarkt muss für den Verkehr geschlossen werden. Memmingen braucht eine Fußgängerzone vom Rossmarkt bis zum Hallhof': Mit dieser Aussage erntete Bauingenieur Thomas Kienle herbe Kritik bei einer Podiumsdiskussion im leerstehenden, ehemaligen Geschäft der Firma Bolkart. Die Memminger CSU hatte Experten zum Thema Innenstadt-Belebung eingeladen. Kienle ist Geschäftsführer der Apollo Bau Gmb H in Berkheim. Das Unternehmen ist auf Immobilien-Projektentwicklung spezialisiert. Für die 'Revitalisierung' der Memminger Innenstadt machte Kienle unter anderem folgende Vorschläge: Die Parkplätze am Schrannenplatz sollten weitgehend verschwinden. Gleichzeitig sollte auf dem Areal zwischen Rotergasse und Baumstraße ein Parkhaus mit 400 Stellplätzen entstehen. Nördlich dieses neuen Parkhauses sei 'der einzig richtige Platz' für ein Großkino. Die vielen baufälligen Gebäude müssten saniert werden, um die Innenstadt auch als Wohn- und Bürolage wieder attraktiv zu machen. Falls die Hauseigentümer nicht mitspielten, sollte die Stadt notfalls auf Enteignung drängen. Eine Fußgängerzone vom Rossmarkt bis zum Hallhof mache den Bereich für Einzelhandel und Gastronomie besser nutzbar. Denn den Weg durch eine Fußgängerzone nehme der Kunde nicht als Belastung war: 'Flanieren gehört zum Einkaufserlebnis.' Wie wichtig die Aufenthaltsqualität für den Einzelhandel sei, zeige eine Passantenfrequenz-Messung vom Juli 2003. 'Alle nichtverkehrsberuhigten Straßen - allen voran die Maximilianstraße - sind praktisch tot', unterstrich Kienle. Dagegen erhole sich die beruhigte Kalchstraße allmählich. 'So ein Schmarr'n', wetterte Michael Kleiber von der gleichnamigen Metzgerei. Ohne ebenerdige, geschäftsnahe Parkplätze würden im Zentrum Metzger, Bäcker und andere Nahversorger nicht überleben. Dem hielt Kienle entgegen, dass er an einem Samstag über einen bestimmten Zeitraum 622 Kunden bei Kleiber am Weinmarkt gezählt habe. 'Nur 34 davon haben auch am Weinmarkt geparkt.' 'Wenn ich nur fünf Prozent meiner Kunden verlieren würde, wäre das für mein Geschäft der Todesstoß', konterte Kleiber. In die gleiche Kerbe schlug Wolfgang Puff (Augsburg) vom bayerischen Einzelhandels-Verband: 'Die Kunden möchten am liebsten vor einem Laden in der Innenstadt parken können - eben wie bei den Discountern auf der grünen Wiese.'
Knoll: Stadt muss Planung regeln Auch die CSU-Oberbürgermeister-Kandidatin Claudia Knoll sprach sich für den Erhalt der Parkplätze am Weinmarkt aus. Ferner regte sie ein Innenstadt-Konzept an, das auf die Bedürfnisse von Handel, Kleingewerbe und Bewohner eingehe: 'Wobei die Stadt die Planung regeln muss.' Dem stimmten Leutkirchs Bürgermeister Georg Zimmer und Städteplaner Hannes Mahl (München) zu. 'Eine Kommune sollte grundsätzlich eingreifen und die Entwicklung des Zentrums nicht einfach laufen lassen', waren sich die beiden Experten für Stadtentwicklung einig. In Sachen Fußgängerzone führte Zimmer ein Beispiel aus Italien an. Dort würden Plätze und Straßen abends für den Verkehr gesperrt, sodass Passanten flanieren und einkaufen können. Zudem sollten die Verantwortlichen stärker auf Treffpunkte im Zentrum setzen: 'Kommunikation bringt Leute in die Stadt.'