Glaubt man aktuellen Studien zum Konsumverhalten der Deutschen in Zeiten der Wirtschaftskrise, könnte es einem Angst und Bange werden. Laut einer Untersuchung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) wollen knapp 50 Prozent der Bundesbürger während der Krise ihren ganz persönlichen Rotstift vor allem bei ihrer Freizeitgestaltung ansetzen. In Marktoberdorf sieht das aber ganz anders aus.
"Die Menschen gehen weiterhin Essen und sie genießen es", sagt Erich Hiemer, Inhaber des Café Greinwald in Marktoberdorf. Er jedenfalls könne nicht klagen, das Geschäft laufe. Der Augenschein bestätigt ihn: Wer mittags durch die Stadt geht, sieht vor allem bei gutem Wetter volle Cafés. "Vielleicht sparen die Menschen bei größeren Investitionen, die kleinen Dinge gönnen sie sich auch in dieser Krise", glaubt Hiemer.
Auch diejenigen Bürger, die ihre Freizeit gern mit Wandern, Radfahren oder Joggen verbringen, sparen nicht. "Die Marktoberdorfer geben für ihre Freizeitaktivitäten immer noch gern Geld aus", sagt Christian Stegmüller vom Sportgeschäft "Sportfreunde". "Und sie achten auf Qualität." Es gebe bei den Verkaufszahlen keinerlei Unterschiede zum Vorjahr.
Stegmüller verweist allerdings in dem Zusammenhang auch auf die gesunde Wirtschaft in und um Marktoberdorf: "Wenn ich mein Geschäft am Opelstandort Rüsselsheim hätte, hätte ich wohl ein großes Problem", meint Stegmüller.
"Die Bude eingerannt"
Dass die Marktoberdorfer Bürger in ihrer Freizeit besonderen Wert auf Qualität legen, hat man auch bei Radsport Buhler festgestellt. Beim Mountainbike oder bei der Ausrüstung zu geizen, kommt offenbar kaum einem in den Sinn: "Die Leute haben uns nach dem langen Winter geradezu die Bude eingerannt", sagt ein Mitarbeiter.
Ohne große körperliche Anstrengung wird auf dem Minigolf-Platz Sport getrieben. Und auch da sind die Marktoberdorfer nicht knauserig: "Spaß und Entspannung machen das Minigolfspiel aus. Und dafür geben die Menschen weiterhin gerne Geld aus", sagt Gabriele Lang, die eine Minigolfanlage in Marktoberdorf betreibt. Hauptsächlich Jugendliche in größeren Gruppen und Familien begeistern sich für den Sport mit der kleinen weißen Kugel. "Da ist halt auch für die Kinder was geboten", meint Lang. Dass sie auf einem hohen Niveau leben, beweisen die Bürger der Kreisstadt auch bei ihrem Äußeren. Sie "gönnen sich weiterhin etwas", sagt Petra Ruhs, stellvertretende Geschäftsleiterin der Parfümerie Lüdicke in Marktoberdorf.
"Der Mensch sucht Zerstreuung"
Auf die geistigen Genüsse verzichten die Marktoberdorfer in Krisenzeiten offensichtlich ebenso wenig. Monika Schubert, Leiterin der Kleinen Kunstbühne "mobilé" und der "Filmburg", sagt: "In Zeiten, in denen es die Menschen trifft, suchen sie nach Zerstreuung. Sonst bekommen sie eine Depression." Genau deshalb sei das Kino derzeit auch so gut gefüllt: "Man braucht etwas, das die Seele erfreut - und nicht nur den Geldbeutel."