Von Manfred Jörg |MemmingenDonnernder Applaus der rund 700 Kundgebungsteilnehmer hallt über den Marktplatz, als Dr. Hans-Jochen Vogel vor der Großzunft mit Nachdruck ins Mikrofon ruft: "Es sollte ein zweiter Versuch unternommen werden, diese Partei zu verbieten." Der frühere Bundesvorsitzende der SPD meint damit die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD), die an diesem Samstagnachmittag in der Stadthalle eine Parteiveranstaltung zur Landtagswahl abhält.
Der ehemalige Bundesjustizminister spricht nicht als Parteipolitiker, sondern als Vertreter der Vereinigung "Gegen Vergessen - für Demokratie". Er sagt: "Ich gehöre zu der Generation, die aus eigener Erfahrung weiß, wie das Gewaltregime der Nationalsozialisten geendet hat." Deren Opfer hätten den Überlebenden und den Nachgeborenen ein Vermächtnis hinterlassen, macht Vogel deutlich: "Das alles darf sich niemals wiederholen in unserem Land."
Daher ruft er alle Versammelten dazu auf, "für unsere Demokratie zu kämpfen". Denn diese habe nur eine gute Zukunft, wenn sich die Bürger auch für die Republik verantwortlich fühlten.
Mit eindringlichen und engagierten Worten wendet sich auch der ehemalige KZ-Häftling und Antifaschist der ersten Stunde Martin Löwenberg an die Menschen auf dem Marktplatz: "Gebt den Nazis keine Möglichkeit zur Entfaltung; lasst nicht zu, dass ihnen öffentlicher Raum zur Verfügung gestellt wird."
Die Versammlungsfreiheit sei zwar ein hohes Gut, aber für die "Totengräber der Demokratie" dürfe es keine Toleranz geben. Löwenberg fügt hinzu: "Jeder Beitrag wird heute gebraucht, um die Demokratie vor ihren Todfeinden zu schützen."
Und Walter Weyers, Intendant des Landestheaters Schwaben (LTS), kritisiert: "Die NPD ist gegen die freie Meinungsäußerung, nimmt dieses Recht aber selbst in Anspruch."
Gegen Ausländerfeindlichkeit und für ein friedvolles Miteinander machen sich auch alle anderen Redner stark: Der evangelische Pfarrer Stephan Ranke etwa verweist darauf, dass "alle Menschen in unserem Land eine unveräußerliche Würde" haben. Das Parteiprogramm der NPD spreche sich dagegen aus. "Wir werden diesem Gedankengut aber widersprechen, wo immer wir es antreffen", sagt Ranke und erhält dafür starken Beifall. Für "mehr Menschlichkeit" setzt sich der katholische Regionaldekan Martin Maurer ein. An die NPD gerichtet, ruft er ins Mikrofon: "Ändern Sie Ihr Denken! Denken Sie größer vom Menschen!"
Der Vorsitzende des Memminger Ausländerbeirats, Antonino Tortorici, bekräftigt: "Wir alle wollen in Frieden zusammenleben. Das kann und darf die NPD nicht zerstören." Ins gleiche Horn stößt Sebahattin Kasimfirtina, Vorsitzender der Türkisch-Islamischen Union: "Wir fühlen uns als Teil dieses Landes. Das kann uns keiner vermiesen." Memmingen sei eine weltoffene Kommune, stellt Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger klar: "Diese Stadt steht gegen Rechts, denn in ihr weht der Geist der Freiheit!" Allgäu-Rundschau
Zeitzeuge Interessierte Schulklassen können Martin Löwenberg einladen. Weitere Informationen es im Internet unter