Kempten (irv). Als 'Teuro' wird er auch ein Jahr nach der Einführung noch beschimpft. Andererseits als neue Währung gepriesen, die Europa zusammenrücken ließ: Der Euro. Ein Jahr ist die neue Währung nun alt, doch in den Köpfen vieler Bürger spukt immer noch die alte D-Mark. Ein Jahr Euro - wie wurde die Währung angenommen, hat sie sich ihren Platz erobert? Die AZ hörte sich um: Auf den Umtausch hatten sich zu Jahresbeginn nicht nur die Kreditinstitute gut vorbereitet. 'Auch wir Gastronomen haben zum Start als Bank fungiert', erinnert sich Rüdiger Preschl, Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbands. 'Eine 'riesige Menge' an D-Mark-Scheinen habe er seinen Gästen umgetauscht. Zu leiden hatte seine Branche ganz besonders unter der 'Teuro'-Debatte, so Preschl, Inhaber des Restaurants 'Storchennest': 'Wir sind durch einige schwarze Schafe sehr in Mitleidenschaft gezogen worden, die bei den Preisen zum Teil nur die Währung ausgetauscht haben.' Doch Preschl gesteht auch Fehler der Wirte ein: 2001 habe kaum einer die Preise erhöht. Neue Karten anzufertigen, wenn dies zur Euro-Umstellung so und so nötig werde, das habe man sich ersparen wollen. Zudem habe nach einer Bierpreiserhöhung um rund sieben Prozent Anfang April kaum ein Kollege gewagt, dies an die Gäste weiterzugeben. Preschl: 'Das habe auch ich aus eigener Tasche bezahlt.' Im Handel hatte der Euro die D-Mark schon bald aus den Geldbörsen der Kunden verdrängt. 'Es war erstaunlich, wie schnell die D-Mark ausgetauscht war', so Karl-Heinz Wuttke vom Vorstand des örtlichen Einzelhandelsverbands. Doch 'die Umtauschfreude war groß, aber die Liebe zur D-Mark ist dadurch nicht verloren gegangen', hat er beobachtet. Nach dem Monat Januar sei die alte Währung im Handel nur selten aufgetaucht. Allerdings rechneten die meisten Käufer im Stillen noch immer in D-Mark-Preis um. 'Sie wollen nachvollziehen, was es früher gekostet hat und vergleichen', hat Wuttke beobachtet. Dass die Bevölkerung den Euro gut angenommen habe, ist beispielsweise das Resumee von Jürgen Schlegel, dem Leiter der Kemptener Filiale der Deutschen Bundesbank. Auch nach dem Monat März konnten die Bürger dort noch D-Mark tauschen: 'Durch die gute Vorbereitung der Mitarbeiter hat von Anfang des Jahres an alles reibungslos geklappt'. Und wie kamen die Bürger mit der Euro-Umstellung zurecht? Trauern sie der D-Mark auch nach einem Jahr noch nach? Frank Prestel (25) aus Heising beispielsweise meint: 'Der D-Mark trauere ich nicht mehr nach.
Eine einheitliche Währung musste ja mal kommen. Ich bin wahrscheinlich noch zu jung, der Mark wirklich nachzutrauern. Besonders positiv finde ich, dass man für einen Urlaub in den grenznahen Staaten kein Geld mehr wechseln muss und im europäischen Ausland einen besseren Preisvergleich hat. Auch wenn's der Wirtschaft in Deutschland nicht so gut geht, empfinde ich den Euro als stabile Währung.' Ingrid Schmid (59) aus Kempten findet: 'Der Euro war gewöhnungsbedürftig. Die Behauptung, dass mit ihm alles teurer geworden ist, stimmt zum Teil. Spontan fallen mir da die Gastronomie- und Floristik-Branche ein. Die anderen Preise haben sich so eingependelt. Generell habe ich mich an die neue Währung gewöhnt. Ich rechne zwar automatisch noch in D-Mark um. Aber das wird sich geben.' Manfred Nitsch (65) aus Petersthal ist der Meinung: 'Ich habe mich das Jahr über belogen und betrogen gefühlt. Selbst Tanken war teurer. Der einzige Vorteil des Euros ist, dass man für eine Fahrt ins Ausland nicht umwechseln muss. Unsere liebe D-Mark war schon das Beste, was wir hatten. Hätte ich die Wahl, würde ich die Mark wieder zurücknehmen.' Heidi Renz (54) aus Kempten erklärt: 'Ich trauere der D-Mark nach, weil alles teurer geworden ist. Ich bin sozusagen ein Kind der D-Mark und habe zu lange mit ihr gelebt, um mich schnell umzustellen. Im Geist rechne ich immer noch in die alte Währung um. Die jungen Leute tun sich da leichter, glaube ich. Wenn ich allerdings meine Tochter besuche, die in Spanien lebt, freue ich mich immer, dass ich nicht mehr in Peseten umtauschen muss. Insgesamt muss man den Euro im Sinne eines einheitlichen Europas positiv sehen. Frank Prestel Heidi Renz Ingrid Schmid