Haft 55-Jährige stiehlt trotz zahlreicher Vorstrafen immer wieder Wein und Schnaps">

Artikel: Im Teufelskreis der Alkoholkrankheit

9. Oktober 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
boxler

Haft 55-Jährige stiehlt trotz zahlreicher Vorstrafen immer wieder Wein und Schnaps

Kaufbeuren | AZ | "Es kann doch nicht so weitergehen, dass ich Sie in schöner Regelmäßigkeit zweimal im Jahr ins Gefängnis schicke," sagte der Richter zu einer 55-jährigen Angeklagten. Die alkoholkranke Frau kommt wegen ihrer Sucht immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt und musste bereits zahlreiche kurze Haftstrafen verbüßen, zuletzt im Winter. Vier Monate nach ihrer Entlassung wurde sie erneut straffällig und stahl im Mai in einem Kaufbeurer Verbrauchermarkt eine Flasche Wein und eine Wurst. Wenige Wochen später ließ sie in einem anderen Geschäft zwei Wodka-Flaschen mitgehen. Für diese beiden Diebstähle wurde sie jetzt zu einer dreimonatigen Haftstrafe verurteilt.

Im Verfahren war deutlich geworden, dass die Angeklagte seit mehr als 30 Jahren alkoholabhängig ist. Bis Anfang der 1990er-Jahre lebte sie straffrei, seither jedoch haben sich im Strafregister 16 Voreintragungen angesammelt, die allesamt im Zusammenhang mit der Alkoholkrankheit stehen. Auf die Frage des Richter, wohin das Ganze denn noch führen solle, wusste die geständige Angeklagte keine Antwort. Als der Vorsitzende bei der anwesenden Betreuerin der Frau nachhakte, ob man denn nicht noch einmal eine Therapie beantragen könnte, schätzte diese die Chancen einer Bewilligung offenbar wenig optimistisch ein.

Wegen der Erkrankung der Angeklagten gingen jetzt sowohl der Staatsanwalt als auch der Richter davon aus, dass die 55-Jährige ihre Taten im Zustand verminderter Schuldfähigkeit begangen hat. Allerdings führte für beide kein Weg an einer kurzen Haftstrafe vorbei: Eine Geldstrafe komme wegen der zahlreichen Vorstrafen nicht in Betracht, außerdem sitze die mittellose Angeklagte derartige Strafen ohnehin ab. Aber auch eine Bewährung stehe sie nicht durch. Fazit des Richters: "Ich halte die Angeklagte eigentlich für ein ganz armes Hascherl - aber was soll ich tun?!"