Schon eine halbe Stunde bevor die erste Gondel Fahrt aufnimmt, rollen die ersten Autos auf den Parkplatz der Fellhornbahn im Stillachtal bei Oberstdorf: Der Kampf um die erste Bergfahrt hat begonnen. Nur wer möglichst nah an der Talstation parkt, kann darauf hoffen, sich ganz vorne in die Schlange an der Seilbahn einzureihen. Während die meisten Autofahrer schon gedanklich die frisch präparierten Pisten hinunterwedeln und es kaum erwarten können, das Lenkrad gegen Ski oder Snowboard zu tauschen, behalten drei Männer in leuchtend orangen Westen den Überblick. Mit ruhigen, aber entschiedenen Armbewegungen weisen sie den Fahrern den Weg auf den Parkplatz, in die richtige Reihe, in die freie Parklücke. Kein leichter Job, nicht nur bei zweistelligen Minusgraden. "Man braucht ein dickes Fell", erzählt Andreas Schwarz, der seit fünf Jahren als Parkeinweiser bei der Fellhornbahn arbeitet, und spricht nicht von warmer Kleidung. "Viele Autofahrer haben eine lange Fahrt hinter sich und reagieren genervt, wenn sie keinen guten Parkplatz mehr kriegen." Wenn die Anweiser die eintreffenden Fahrzeuge auf dem großen verschneiten Parkplatz, auf dem keine Markierungen zu erkennen sind, Auto für Auto, Zweierreihe für Zweierreihe anordnen, wirkt das für den Betrachter wie ein Künstler, der eine weiße Leinwand nach und nach mit Farbe füllt. "Manchmal blickt man schon stolz auf den Parkplatz und freut sich, dass man diesmal mehr Autos untergebracht hat", erzählt Andreas Schwarz. Die Kälte macht dem 27-Jährigen nichts mehr aus, auch gestresst wirkt er nicht, wenn ein Auto nach dem anderen auf ihn zurast. "Am besten funktioniert es, wenn die Autos alle zusammen ankommen, dann ist es am einfachsten sie zu lenken", erklärt Schwarz. "Das Schlimmste sind Regentage. Man steht den ganzen Tag auf dem Parkplatz und weiß nicht, wann das nächste Auto kommt, wenn überhaupt eins kommt", erzählt er. Heute arbeiten die Parkeinweiser zu dritt. Am Wochenende oder in den Schulferien sind bis zu sieben Kollegen gleichzeitig im Einsatz. "Wenn die Hölle los ist, muss alles wie am Schnürchen funktionieren", erklärt Schwarz. Deswegen schätzt er vor allem die Ruhe und Gelassenheit seiner älteren Kollegen. "Wenn hier einer die Nerven verliert, bricht das Chaos aus", sagt er.
Entschieden stellt sich Hans Freuding vor die Stoßstange eines Kleinwagens, in dem zwei Snowboarder sitzen. Die zwei jungen Männer haben gerade versucht, den Parkeinweiser davon zu überzeugen, sie vorbei- zulassen. Sie müssten jemanden abholen, hatten sie erklärt. Morgens um halb neun, an der Talstation mit zwei Snowboards im Kofferraum. Der Siebzigjährige hat ihnen nicht geglaubt, deswegen hat er sich jetzt vor dem Auto aufgebaut und fordert sie mit einer Handbewegung dazu auf, zu wenden. Ruckartig setzt der wütende Fahrer sein Auto zurück, dreht um und braust mit durchdrehenden Reifen davon, Kieselsteine werden in die Luft geschleudert und treffen Freuding. Der zeigt keine Regung. "Es bringt doch gar nichts, wenn man sich da aufregt", sagt Freuding. "Die meisten Leute sind freundlich und ein paar Ausnahmen gibt es immer.
" Die Ausreden, um näher an der Talstation parken zu können, kennen die Parkeinweiser alle, auch an Beschimpfungen sind sie gewohnt. Ein Kollege sei sogar schon mal angefahren worden, erzählen sie. "Ich bleibe trotzdem immer freundlich, schließlich sind wir ja die ersten Ansprechpartner für die Leute", erklärt Freuding. "Mich ärgert nur manchmal, wenn die Leute einen nicht ernst nehmen, man ist ja nur der Parkwächter." Der erste Parkplatz ist mit ungefähr 850 Autos gefüllt, schnell wechseln die Einweiser auf den nächsten Platz, insgesamt können auf den ausgewiesenen Flächen im Tal bis zu 3000 Fahrzeuge Platz finden. "Jetzt haben wir den härtesten Teil des Tages fast geschafft", sagt Schwarz und lächelt. "In einer viertel Stunde kommt hier die Sonne raus."