Von SylviA Rustler |BuxheimRudolf aus Buxheim, arbeitslos, Hartz-IV-Empfänger und zu 70 Prozent schwerbehindert, kann vor Sorgen kaum noch schlafen. Er weiß keinen anderen Ausweg mehr: Entweder seine Familie harrt diesen Winter im Kalten aus oder er und seine Frau verkaufen das Elternhaus ihrer Kinder und damit ihre letzte Sicherheit fürs Alter. Im März dieses Jahres ging die Heizung kaputt und für den Austausch der Anlage fehlt das Geld. Dabei spart die vierköpfige Familie, die unverschuldet in Not geraten ist, sowieso schon an allen Ecken und Enden. "Es tut mir in der Seele weh, wenn ich meine Kinder fragen muss, ob sie wieder mal mit 50 oder 100 Euro aushelfen."
Über Rudolf - Name von der Redaktion geändert - und seine Familie hat die Memminger Zeitung bereits vor zweieinhalb Jahren in der Serie "Leben mit Hartz IV" berichtet. Schon damals - bevor jetzt ein neuer Schlag die Familie zusätzlich in finanzielle Bedrängnis bringt - haben sich die vier Buxheimer das Geld vom Munde abgespart.
Ging Rudolf früher zum Beispiel gerne einmal zum Frühschoppen auf ein, zwei Bier, rechnet er nun, dass die "vier, fünf Euro" schon wieder eine Tagesration Wurst und Fleisch bedeuten - für die ganze Familie. Und auch Geburtstagsgeschenke oder ein Strauß Blumen zum Hochzeitstag sind oft nicht drin.
Rudolf, gelernter Handwerker, erkrankt 1997 nach über 20 Jahren in seinem Beruf schwer an Osteoporose, muss seine Arbeit aufgeben und wird Hartz-IV-Empfänger. Selbst eine Umschulung zum Verwaltungsfachangestellten bringt dem heute 49-Jährigen nur kurzzeitig eine neue Stelle ein. Seit drei Jahren ist er nun arbeitslos und hat mittlerweile rund 300 hoffnungsvolle, aber vergebliche Bewerbungen geschrieben.
Heute verfügen der Buxheimer und seine Frau, die nach einer schweren Operation nur noch teilzeit arbeiten kann - pro Monat über 1100 Euro. Davon stottern sie fast die Hälfte für das Haus ab, dass sie sich 1993, als die Welt für die Familie noch in Ordnung war, gekauft haben. "Wenn uns die Kinder nicht finanziell unterstützen würden, wären wir schon lange am Ende."

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Doch das Mitte der 1970er Jahre erbaute Gebäude ist in die Jahre gekommen und für die neue Heizung fallen jetzt 9000 Euro an. Gekoppelt an die Anlage ist auch die Warmwasserversorgung, so dass Rudolf, seine Frau und die berufstätigen Kinder (19 und 21), nur abwechselnd duschen können - immer einer pro Tag, dann wieder 24 Stunden Pause.
Die Bank, so der Hartz-IV-Empfänger, gewähre ihm keinen Kredit und auch von anderer Seite gebe es keine Unterstützung. Jetzt drängt die Zeit, denn die Nächte werden wieder kälter. Verkauft die Familie ihr Haus - von dem bereits die Hälfte abbezahlt sei - sieht Rudolf neue Probleme. "Wer vermietet an einen Hartz-IV-Empfänger eine Wohnung mit vier Zimmern, Küche und Bad? Und: "Wie sollen wir den Umzug finanzieren?"
Das kleinere, aber doch ein Übel, wäre für Rudolf auch ein Wegzug aus Buxheim. Denn der Behinderte kann nicht mehr Auto fahren und seinen Bekanntenkreis in Buxheim möchte er auf keinen Fall aufgeben. Das Wichtigste ist ihm allerdings seine Familie. "Wenn ich meine Frau und die Kinder nicht hätte, wäre ich heute wohl nicht mehr. Ich bin manchmal am Boden zerstört."