Kaufbeuren | mab | Von einer Sekunde auf die andere kann ein kleiner Pfropf in der Blutbahn, der in den Kopf schießt, das Leben eines Menschen völlig aus der Bahn werfen. Wichtige Gefäße werden verstopft, bedeutende Areale des Gehirns drohen wegen Sauerstoffmangels unterzugehen. Höchste Eile ist beim Schlaganfall geboten, es bleibt nur ein kurzes Zeitfenster, um mittels einer so genannten Lysetherapie das verstopfende Blutgerinnsel aufzulösen. Aber es gibt auch gute Nachrichten: Die Behandlungsmöglichkeiten haben sich weiter verbessert, so PD Dr. Martin Hecht, Chefarzt der neurologischen Abteilung des Kaufbeurer Bezirkskrankenhauses (der einzigen neurologischen Akutabteilung im Allgäu). Darum hat er ein Neurologie-Symposium zum Thema Schlaganfall organisiert.
"Bislang galt in der Neurologie die Drei-Stunden-Regel", so der Mediziner. Das bedeutete: Binnen der ersten drei Stunden nach einem Hirninfarkt musste mit der Lyse-Therapie begonnen werden. Danach sei es zu spät, das Hirngewebe unrettbar beschädigt. Inzwischen gebe es neue Studienerkenntnisse, die besagten, dass das Zeitfenster für eine Lyse etwa vier Stunden dauert. Diese Erkenntnisse wird Professor Schellinger, leitender Oberarzt der auf Schlaganfall spezialisierten Neurologie der Uniklinik Erlangen, vorstellen. "Das sollte einen aber keinesfalls veranlassen, sich Zeit zu lassen", meint Hecht.
Die Schlaganfall-Versorgung in der Region Kaufbeuren/Ostallgäu werde zudem ab Ende Januar weiter verbessert, so der Chefarzt weiter. Dann ziehe die Neurologie vom BKH direkt in das Klinikum Kaufbeuren. Die Wege zu den wichtigen diagnostischen Geräten wie Computertomograph und Kernspintomograph werden deutlich kürzer als jetzt, "das spart weiter Zeit". Die bisher existierende Schlaganfallspezialeinheit "Stroke unit" werde räumlich verbessert. Die Kapazität von vier Betten sei bei Bedarf jederzeit erweiterbar.
Einen Zukunftsausblick gibt Dr. Volker Ziegler, leitender Oberarzt im Rhönklinikum in Bad Neustadt, bei dem Symposium. Die Neurologie des Rhönklinikum hatte einen Preis für ihren so genannten "Stroke Angel" bekommen.
Ein Rettungswagen wurde mit einem Modul ausgestattet, das wichtige Daten über den Patienten schon während der Fahrt zum Schlaganfallzentrum drahtlos weiterleitet. "In der Rhöngegend wurden so die Lyseraten nachweisbar weiter gesteigert. Das wäre auch für unsere Region ein vorstellbares Modell." Dabei wird die Lysetherapie auch in Kaufbeuren immer öfter angewendet: Die Zahl wuchs von vier (2006) auf 15 (2007) auf bislang 27 in diesem Jahr, obwohl es noch nicht vorüber ist. Ein Schlaganfall-Informationstag - diesmal für die Bevölkerung - plant der Neurologe für das kommende Jahr.

"Gesundheit entdecken"
Über 8.000 Besucher bei Memminger Gesundheitstagen in der Stadthalle
Das 4. Allgäuer Neurologie-Symposium findet am Samstag, 6. Dezember, von 9 bis 13 Uhr im Festsaal des Kaufbeurer BKH statt. Ärzte und Angehörige anderer Berufsgruppen aus dem Gesundheitswesen können kostenlos teilnehmen, eine Voranmeldung ist erwünscht, aber nicht erforderlich. Das komplette Programm findet sich unter:
www.bkh-kaufbeuren.de (und zwar unter dem Link "Veranstaltungen")