Ort will 'www. hindelang. de' Kürzel von Firma belegt. Von Jürgen Stöcker Hindelang/Marktoberdorf Urlauber, die im Internet unter der Anschrift 'www. hindelang. de' nach Informationen über die Ostrachtaler Ferienregion suchen, erleben eine Enttäuschung. Auf ihrem Computer-Bildschirm sehen sie nämlich Lastwagen statt Landschaften. Der Grund: Eine Spedition namens 'Hindelang' ist den Oberallgäuern zuvor gekommen und hat unter diesem Stichwort ihren Auftritt im Internet abgesichert. Jetzt droht womöglich ein Prozess. Er müsste die Frage klären, ob ein Gemeindename Vorrang hat und damit gegen Verwechslungen geschützt ist.
Hindelangs Kurdirektor Max Hillmeier macht geradezu ein schmerzverzerrtes Gesicht, wenn er über den kuriosen Fall sprechen muss. Denn immer mehr Gäste fordern übers Internet Prospekte an und buchen auch mit der elektronischen Post, der sogenannten 'E-Mail'. Angaben aus Oberstdorf belegen dies. Innerhalb von acht Monaten verzehnfachte sich die Zahl der Zugriffe auf Oberstdorfer Internet-Seiten. 300 000 waren es allein im Januar. Hindelang ist in der PC-Welt im Gegensatz zu fast allen anderen Urlaubsgebieten nur auf Umwegen zu erreichen. Der Internet-Besucher muss statt der gebräuchlichen Anschrift 'www. hindelang. de' die wenig bekannte Zeile 'www. hindelang. com' eingeben. Und das kommt nach Erfahrung von Experten den meisten Menschen nicht in den Sinn. Folgen sie doch einfach der Logik, dass Hindelang in Deutschland liegt und deshalb unter dem Zusatz-Kürzel 'de' abzurufen ist, während das 'com.' (für 'commercial') in aller Regel amerikanische Firmen nutzen.
'Die Hindelanger hätten früher aufwachen sollen', meint dazu Rudolf Hindelang, einer der Geschäftsführer der 1978 in Marktoberdorf gegründeten Spedition. Sie verkauft sich unter 'www. hindelang. de' schon seit über sechs Jahren im Netz. 'Und wir haben mittlerweile Millionen in diesen Auftritt und seine Internationale Bewerbung gesteckt', erschüttert der Unternehmer die im Ostrachtal gehegte Hoffnung, die begehrte Internet-Anschrift freiwillig überlassen zu bekommen. Dabei geht es dem Firmenchef nach eigenem Bekunden nicht ums Prestige: 'Aber wir wickeln 90 Prozent unserer internen Kommunikation über diese E-Mail-Adresse ab und 20 Prozent unserer Kunden-Korrespondenz.'
Ahnenforschung
Die 500 Mitarbeiter zählende Spedition mit Hauptsitz in Wörnitz und Filialen in neun Ländern kam zwar Bitten der Gemeinde nach, auf einer ihrer Internet-Seiten einen 'Link' (Hinweis) auf die Urlauberinfos einzurichten; mehr scheint gegenwärtig allerdings nicht drin. Im Gemeinderat präsentierte die Kurverwaltung jetzt den Vorschlag, sich die wichtige 'Homepage' (das ist sozusagen die Titelseite) mit der 'Spedition Hindelang' zu teilen, doch 'über dieses Ansinnen haben wir noch nicht diskutiert', sagt Geschäftsmann Hindelang auf Nachfrage.
Vielleicht rücken die Beteiligten näher zusammen, wenn sich herausstellten sollte, dass der Familiennamen Hindelang im direkten Zusammenhang mit dem Ortsnamen steht. Die bis ins 17. Jahrhundert zurückgehende Ahnenforschung liefert dafür bislang keinen Beleg. Sollte es keine Einigung geben, schließen Kommunalpolitiker und -verwaltung einen Rechtsstreit nicht länger aus. Sie beauftragten bereits ein Anwaltsbüro. Der für den Markt Hindelang tätige Jurist glaubt schon frohlocken zu können: Schriftlich teilte er dieser Tage mit, es sei in anderen Fällen bereits 'obergerichtlich' abgeklärt, dass solch eine kostbare Internetadresse ausschließlich der jeweiligen Gemeinde zustehe.