Schön aufgereiht, dicht an dicht hängen die Helden hinter der Bühne der Lindauer Marionettenoper: Carmen, Rosina und der Figaro ("Der Barbier von Sevilla"), der Vogelhändler Papageno ("Die Zauberflöte"), Violetta ("La Traviata") und natürlich auch all ihre Mitstreiter und Widersacher. Die über 400 Marionetten hat Bernhard Leismüller alle selbst gebaut und auch ihre Kostüme entworfen und geschneidert. 130 000 Besucher ließen sich in den vergangenen zehn Jahren von dem Puppenspieler und seinem Team in eine etwas andere Opernwelt entführen.
"Es ist ein Traum, der gelebt wird", sagt Leismüller. "Es ist toll, dass er funktioniert." Zehn Jahre alt ist seine Marionettenoper, und für die Jubiläumsproduktion hat sich der ehemalige Balletttänzer etwas ganz Besonderes einfallen lassen.
Große Herausforderung
Denn erstmals tanzen seine Puppen ein klassisches Ballett: Tschaikowskis "Schwanensee" feiert am Freitag, 16. Juli, Premiere und bereitet Leismüller schlaflose Nächte. "Es ist eigentlich grenzwertig, dass wir jetzt sogar ein anmutiges Ballett mit unseren Marionetten machen", sagt er. Die große Herausforderung sei es, das Publikum zwei Stunden lang nur mit Musik und Tanz zu unterhalten. "Es gibt ja im Gegensatz zur Oper keinen Text und eigentlich nur eine grobe Handlung", erzählt Leismüller. Ja nicht kitschig sein und auf keinen Fall langweilig, laute die Devise.
Keine Frage, kurz vor der außergewöhnlichen Premiere ist dem 33-Jährigen die Anspannung anzumerken. Viel Arbeit - rund zwei Jahre Produktionszeit inklusive fünf bis sechs Monate Probenzeit - haben er und Ralf Hechelmann, mit dem er die Direktion der Marionettenoper teilt, investiert.
So viele Puppen wie noch nie - rund 100 - kommen bei dieser neunten Produktion zum Einsatz. In Opern sind es in der Regel "nur" 30 bis 40 Marionetten. Die Violetta aus "La Traviata" etwa gebe es in fünffacher Ausfertigung, so Hechelmann. Die "nicht vorhandene Mimik" der Puppen gelte es durch Bewegung auszugleichen. "Wir müssen immer Abwechslung für das Auge des Zuschauers schaffen", betont Leismüller, der seit seinem elften Lebensjahr Marionettenspieler ist. "Dabei kämpfen wir immer auch mit der Tücke des Objekts und mit den vielen Fäden.
" Die Ballettfiguren werden mit doppelt so vielen Fäden (15 bis 16) wie die Opern-Figuren bewegt. Beim Puppenbau hat sich Leismüller diesmal von einem Kollegen (Bernhard Morgenstern aus Meckenbeuren) Hilfe geholt.
Wie immer kommt die Musik vom Band. "Wir haben sie aus drei verschiedenen Einspielungen zusammengemixt", verrät Leismüller. Dankbar ist er der Stadt Lindau, dass sie ihm den ehemaligen Konzertsaal des Stadttheaters als Spielort zur Verfügung stellt. "Die Stadt erhält dafür aber auch etwas Außergewöhnliches, was andere Städte nicht haben, eine touristische Attraktion", betont Hechelmann. Denn das Marionettenoper-Publikum reise aus einem Umkreis von 100 Kilometer an.
Karten Die ersten "Schwanensee"-Aufführungen (16. Juli/Premiere und 22. Juli) sind bereits ausverkauft. Restkarten gibt es für die dritte Aufführung am 28. Juli (16 Uhr). Zudem werden im Juli gespielt: Die Zauberflöte (20., 25., 29. Juli), Carmen (24. Juli), La Traviata (27. Juli), Die Fledermaus (31. Juli). Karten gibt es unter der Telefonnummer 08382/94 24 46.