Angriffslustiger Fisch in Badeweiher Laut Experten 'absolute Seltenheit'Von Andrea Kümpfbeck Kempten Schwimmende Menschen mag er nicht in seinem Weiher. Deshalb hat jetzt wohl auch sein letztes Stündchen geschlagen. Das letzte Stündchen eines kapitalen Hechts, der im Kemptener Bachtelweiher lebt. Dort hat er den Bademeister so kräftig in den linken großen Zeh gebissen, dass die Wunde mit drei Stichen genäht werden musste. Als 'absolute Seltenheit' bezeichnen Experten diesen Raubfisch-Angriff. Denn Hechte würden sich normalerweise ganz schnell aus dem Staub machen, wenn ihnen badende Menschenzehen entgegengestreckt werden.
Der Kemptener Bachtelweiher ist Manfred Probsts zweite Heimat. Jeden Tag geht der Rentner dort schwimmen. Als 'ehrenamtlicher Bademeister', wie er sagt, kümmert er sich zudem seit fast 20 Jahren um das Wohl der Badegäste, der Enten, Schwäne und des Weihers. Am Dienstag, dem 13., hatte der 61-Jährige wegen des Datums schon den ganzen Tag ein schlechtes Gefühl, erinnert sich der ehemalige Apotheken-Ausfahrer.
Jener 13. wird ihm nun auch in schmerzhafter Erinnerung bleiben: Als er die letzte der acht Stufen ins Wasser hinunterstieg, verspürte er plötzlich einen stechenden Schmerz und sah in dem trüben Wasser gerade noch einen etwa 60 Zentimeter lange Hecht wegschwimmen. Der hatte ihn gebissen. In den linken großen Zeh. Und zwar gleich so stark, dass Probst und seine Freundin Annelies Greither die Blutung gar nicht stillen konnten. Im Krankenhaus wurde die Wunde mit drei Stichen genäht und Probst mit einer Tetanusspritze vor Infektionsfolgen geschützt.
Manfred Probst kennt den schuppigen Übeltäter ganz genau: 'Der steht jeden Tag in der gleichen Ecke im Schilf.' Und hat, wie Annelies Greither beobachtete, in diesem Sommer auch schon drei winzige Entenküken verspeist. 'Der Fisch kann nichts dafür', meint Probst. Deshalb ist er ihm trotz seines immer noch schmerzenden Zehs auch gar nicht böse. 'Das war einfach ein Reflex, als er meinen Zeh sah. Da hat er halt zugebissen.' Nur so kann sich auch der Fischerei-Fachberater des Bezirks Schwaben, Dr. Richard Wutzer, den Angriff erklären. 'Denn der Mensch ist kein Beutetier des Hechts.' Vielmehr stehen Fische, Frösche, Krebse und kleine Wasservögel auf seinem Speiseplan. Und der Zeh sei ihm nur in seine 'Reflexzone' geraten.
Täter wird gefangen
Auch der Fischexperte Hermann Schugg vom Kemptener Fischereiverein hat noch nie von menschenbeißenden Fischen in Allgäuer Badeseen gehört. Hechte würden als eine Art Gesundheitspolizei zwar die Weiher sauberhalten allerdings nicht von Menschenzehen, sondern von lahmen und kranken Fischen.
Ein Scherzkeks hat zwischenzeitlich ein Warnschild aufgestellt: 'Achtung, Danger. Menschenfressende Raubfische.' Der Vorsitzende des für den Bachtelweiher zuständigen Fischereivereins 'Eschacher Weiher', Walter Stockinger, will nun auf Nummer sicher gehen und den Täter per Angel aus dem Verkehr ziehen.