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Halbes Jahrhundert im Traumschloss

Hohenschwangau

Halbes Jahrhundert im Traumschloss

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    Schon vor der ersten Führung am Morgen platzt die Anlaufstelle im Torbau von Neuschwanstein aus allen Nähten. In dem kleinen Raum mit den Schließfächern decken sich die ersten Touristen in aller Früh mit Schlossführern und Kalendern ein. Roman Lupfer bewahrt den Überblick. "Schnell russisch aufstocken!", fordert er gedruckten Nachschub an. Der 73-Jährige arbeitet seit einem halben Jahrhundert in dem Traumschloss und macht kein Hehl aus seiner Begeisterung für die Geschichte rund um den märchenhaften Bau und die Königsfamilie.

    Wenn es auch genau auf dem Eintrittsticket steht - "im Torbau fragen die Besucher ständig nach, wies weitergeht und wohin", erzählt Lupfer. Im eigentlichen Schlossladen neben der Küche, in den die Besucher am Ende der Führung strömen, geht der Betrieb erst später los. Der 73-Jährige betreibt ihn heute mit Sohn Marc, der kürzlich auch den Kiosk am Zimmermannsplatz übernommen hat.

    Die Mutter starb früh

    Dass er einmal 50 Jahre im Prachtbau des bayerischen Märchenkönigs arbeiten würde, war Roman Lupfer nicht in die Wiege gelegt worden. Denn er wuchs nach dem frühen Tod der Mutter bei Pflegeeltern auf, lernte schon mit zehn Jahren das harte Leben als Hüterbub kennen - erst in Haslach, dann in Oberreuthen. Er lernte Käser in Klosterhof, ging als Untersenn in die Käserei Engelitz bei Wangen.

    Dass er schließlich nach Neuschwanstein kam, hat er seiner Tante Emilie zu verdanken. Die hatte - nachdem das Schloss 1946 wieder für Besucher offenstand - den Schlossladen gepachtet. Und sie war froh, Anfang der 1960er Jahre, als die Passionsspiele in Oberammergau einen Besucheransturm brachten, eine zupackende Hilfe zu bekommen.

    "Sie hat in der Kemenate gewohnt und ich im Bauhof, ohne Wasser und Heizung", sagt Lupfer über die frühen Jahre. Der Laden war damals eisig - das glaubt man sofort, denn die Kälte zieht noch immer aus der Pöllatschlucht herauf. "Sieben Tage die Woche, von früh bis abends, das war hart. Heute lösen wir uns da unten alle zwei Stunden ab." Längst ist es auch Geschichte, dass die Eintrittskarten am Schalter im Torbau durchs Guckloch verkauft wurden.

    Berühmtheiten bedient

    1973 wurde Lupfer Pächter des Schlossladens. Berühmtheiten kamen schon immer bei ihm vorbei. "Da steht plötzlich der Max Schmeling vor dir oder der Luis Trenker", erinnert er sich. "Und aufregend wars, wenn Filme gedreht wurden - bei Tschitti Tschitti Bäng Bäng war allerhand los." Vom "Fluch des Königs" wurde laut Lupfer geredet, als sich Schlossverwalter Brendel kurz nach seiner Versetzung nach Aschaffenburg das Leben nahm. Während der über 30-jährigen "Herrschaft" der Schlossverwalterfamilie Desing war Frau Desing "meine gute Fee", blickt Lupfer zurück.

    Besonders aber freut ihn, dass das Schloss, früher oft als Kitsch verschrien, inzwischen als einmaliges Kulturdenkmal anerkannt wird - dies sei auch dem großen Einsatz von Julius Desing zu verdanken.

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