Von Markus Brändle Bad Grönenbach - Gefährden laufende Tarifauseinandersetzungen die 11,5 Millionen-Euro-Investition, mit der die Wittgensteiner Kliniken im Kneippkurort jüngst auf den Plan getreten sind? Die Fronten zwischen der Unternehmensleitung, die dieses Damoklesschwert jetzt aufgehängt sieht, und der Belegschaft sind seit gut zwei Jahren verhärtet. Während die Mitarbeitervertreter auf einen einheitlichen Tarifvertrag drängen, verweisen die Klinik-Verantwortlichen auf eine 'unzumutbare' Mehrbelastung von rund 600 000 Euro, die aus den tariflichen Forderungen erwachsen würde. Der Unmut in der Belegschaft der Klinik am Stiftsberg und der psychosomatischen Klinik hatte sich zuletzt am 19. Oktober in einem zweistündigen Warnstreik Luft gemacht, an dem sich knapp die Hälfte der insgesamt 230 Mitarbeiter beteiligte. Davor hatten Mitarbeiter, unterstützt von der Gewerkschaft Verdi, in einer 'aktiven Mittagspause' dagegen protestiert, dass nach zwei Jahren laufender Verhandlungen bislang kein Tarifvertrag mit einheitlichen Bedingungen für die Beschäftigten abgeschlossen worden sei. Es schaffe Unruhe, wenn gleiche Arbeit sehr unterschiedlich entlohnt werde, betont Lutz Adomeit-Egenrieder, Betriebsratsvorsitzender bei den Wittgensteiner Kliniken in Bad Grönenbach. Neue Arbeitsverträge würden zum Teil zu 'erheblich schlechteren Bedingungen' geschlossen, beklagt er. Und Jutta Aumüller, Gewerkschaftssekretärin bei Verdi, hat registriert, dass die Arbeitsbedingungen bei den Kliniken 'wie Kraut und Rüben' durcheinander gingen. Die Aussage des regionalen Kliniken-Geschäftsführers Horst Kunze, wonach die 11,5 Millionen schwere Investition in einen Klinik-Neubau und ein Vier-Sterne-Wellness-Ressort (MZ berichtete) durch das Verhalten der Mitarbeiter auf dem Spiel stehe, hält die Verdi-Frau für ein 'Machtspiel'. Zitat Ich hoffe, dass das Ganze nicht scheitert. } Bad Grönenbachs Bürgermeister Bernhard Kerler zu der geplanten 11,5-Millionen-Investition Durchaus ernst nimmt hingegen Bürgermeister Bernhard Kerler die Gefahr, dass der Helios-Konzern (zu dem die Grönenbacher Kliniken gehören) Investitionen dort storniert, 'wo es Probleme gibt'. Auf Wunsch von Geschäftsführer Kunze liege die Baumaßnahme jedenfalls bei der Gemeinde 'derzeit auf Eis'. Für sich persönlich könnte sich Kerler im schwelenden Konflikt durchaus eine Vermittlerrolle vorstellen, wenn sie denn gewünscht werde. Jutta Aumüller hielte es von seiten der Klinik-Leitung für 'unverantwortlich, die geplante Investition, die dem Wirtschaftsstandort Bad Grönenbach einen Aufschwung geben würde, niederzuschlagen, nur weil die Mitarbeiter einen Tarifvertrag wollen, der ein gerechtes Einkommen ermöglicht'.
'Jetzt liegt's am Vorstand''Die Investition ist gestoppt', bestätigte gestern Horst Kunze als regionaler Kliniken-Geschäftsführer. Es werde der bereits begonnene Abriss des Mathildenbades vollzogen, alles andere sei die Entscheidung des Helios-Konzernvorstandes. Wesentlich hänge die Zukunft vom weiteren Verlauf der Tarifgespräche ab. Das ursprüngliche 'finale Angebot' hätte der Klinik eine Mehrbelastung von rund 270 000 Euro gebracht. Würden die Gewerkschaftsforderungen umgesetzt, bedeutete dies eine Mehrbelastung von rund 600 000 Euro pro Jahr. Die Finanzierung des geplanten 11,5-Millionen-Projektes bräche damit 'komplett zusammen'. Als Anbieter im Gesundheitswesen sei er unter Einspardruck, betont Kunze: 'Die Ausgaben steigen laufend und ich bekomme keine höheren Pflegesätze.' Ohnehin bewegten sich die Neuverträge, die geschlossen worden seien, auf der Ebene des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst. Und, so betont Kunze, 'alle Mitarbeiter, die einen neuen Vertrag bekommen haben, kamen aus bestehenden Arbeitsverhältnissen'.