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Große Leselust, geringe Kauflaune

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Große Leselust, geringe Kauflaune

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    Marktoberdorf/Ostallgäu (jth). - Ob Grzimeks Tierleben oder Wallanders Mordfall. Lesen ist in Marktoberdorf beliebt. Zumindest steigt die Zahl der Entleihungen in der Bücherei stetig an. 'Eher schleppend' laufen nach Angaben von Bücherei-Leiterin Christine Schwertner hingegen die Aktionen 'Kauf mich für die Stadtbücherei' und der Verkauf von 'Förderaktien' für die Einrichtung (wir berichteten). 'Ich habe mir viel mehr erwartet', so Schwertners Fazit rund ein halbes Jahr nach Beginn der Aktionen. Hintergrund: Im vergangenen Jahr war der Etat für den Neukauf von Literatur für die städtische Einrichtung gekürzt worden. 26000 Euro stehen Schwertner für Neuerwerbungen heuer zur Verfügung - rund 2200 Euro weniger als noch vor zwei Jahren. Weil die Kürzungen nach Angaben der Bücherei-Chefin nicht durch Einsparungen anderer Posten aufgefangen werden können, begannen im März die beiden Aktionen. Zum einen startete 'Kauf mich für die Stadtbücherei': Bei dieser Aktion können Bürger der Stadt von der Bücherei ausgewählte Literatur in den Buchhandlungen Glas und Pötzl kaufen. Als 'Gegenleistung' für die Spende dürfen die Leser das Werk sich als erste zu Gemüte führen. Zudem wird der Spender-Name auf Wunsch darin verewigt. Vorläufige Bilanz: 'Bücher im Wert von gerade mal 800 Euro haben wir gespendet bekommen', berichtet Schwertner. Nicht viel besser laufe die zweite Maßnahme: Nur 16 Marktoberdorfer waren laut Schwertner bereit, Aktionär zu werden und 'Bücherei-Wertpapiere' zu erwerben. Das Ergebnis hier: ebenfalls 800 Euro.

    1600 Euro Erlös aus den Aktionen Für Schwertner sind die insgesamt eingegangenen 1600 Euro 'sehr mager'. Zumal ihrer Meinung nach die Mindestbeträge 'ziemlich niedrig' angesetzt sind. Schon ab dem 'Nennwert' von 10 Euro bekommt man eine Aktie. Und natürlich gibt es auch eine Dividende: Ab 15 Euro kann man drei Medien gratis vorbestellen, ab 30 Euro 'Nennwert' erhält der Aktionär eine freie Bücherei-Mitgliedschaft für ein Jahr (kostet regulär 10 Euro) und bei 60 Euro erhält man zwei Jahre freie Mitgliedschaft. Eigentlich hoffte Schwertner auch darauf, dass sich 'viele Leute einfach für den Erhalt der Qualität der Bücherei einsetzen'. Zitat Durch die Bücherei wird Bildung einer ganz breiten Masse leicht zugänglich gemacht. Mich wundert es, dass trotz den Erkenntnissen aus der PISA-Studie so wenige Leute unsere Aktionen unterstützen.} Christine Schwertner, Leiterin der Bücherei in Marktoberdorf In anderen Städten Deutschlands laufen in Zeiten knapper kommunaler Kassen ähnliche Aktionen Schwertner zufolge erfolgreicher. Und das, obwohl dort Aktien viel teurer sind. In Köln beispielsweise können Aktionäre erst mit 100 Euro einsteigen.

    Alte Bücher als Spenden Bisher hat die Bücherei mit Handzetteln und einigen Plakaten auf ihre Aktionen aufmerksam gemacht. 'Besonders enttäuscht' ist Schwertner aber über die Reaktionen auf ein Schreiben über die Aktionen an mehr als 50 Marktoberdorfer Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft. Gerade mal drei waren bereit, für die Stadtbücherei ins private Säckel zu greifen. 'Auch aus der Geschäftswelt gibt es fast kein Interesse', so Schwertner. Zwar bekommen die Bücherei-Chefin und ihre Mitarbeiterinnen immer wieder tütenweise alte Bücher aus den Wohnzimmerschränken von Marktoberdorfern. Nicht in allen Fällen ist Schwertner darüber indes begeistert. 'Einen alten Simmel-Roman, den wir schon haben, brauche ich nicht mehr ins Regal zu stellen.' Neue Romane oder Sachbücher seien bei den Lesern gefragt. Noch will Bücherei-Chefin Christine Schwertner das Kapitel 'Kauf mich' und 'Förderaktien' nicht ad acta legen. Vermehrt will sie Mitglieder persönlich ansprechen oder vor Weihnachten nochmal verstärkt auf die Aktionen hinweisen. 'Zudem hoffe ich, dass der Literatur-Etat nicht noch weiter gekürzt wird.'

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