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Große Betroffenheit in den Schulen

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Große Betroffenheit in den Schulen

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    Auch hiesige Schüler und Lehrer bewegt die Erfurter Bluttat Füssen/Hohenschwangau (güb). Mit großer Anteilnahme reagierten gestern Schüler und Lehrer im südlichen Ostallgäu auf den Amoklauf in Erfurt. Bei einer Schweigeminute gedachten sie der Opfer. Im Unterricht wurde über die Bluttat gesprochen. Und immer wieder stellten Schüler die Frage: Wer ist schuld?

    'Ungeheure Betroffenheit' herrschte laut Schulleiter Gerhard Klein gestern am Gymnasium Hohenschwangau. In Gesprächen seien die Schüler und Lehrer unter anderem der Frage auf den Grund gegangen, wie sich solche Gräueltaten in Zukunft verhindern lassen. 'Aber auch wir haben kein Patentrezept. Einzelfälle sind immer wieder zu befürchten.'

    Wie Klein meint auch sein Amtskollege Jürgen Hackenberg vom Gymnasium Füssen, dass die Schulen keine Festungen werden sollten. Zwar sei es technisch machbar, den Zutritt zur Schule nur mit einer Chipkarte zu ermöglichen, so Hackenberg. Wer eine solche Tat plane, überliste aber auch ein solches System. Und es bedeute einen Richtungswechsel, 'den sich heute niemand wünscht'. Als 'Rückschritt' bezeichnet Hackenberg dagegen die Demontage einer Standleitung zwischen Polizei und Schule, die der Landkreis aus Kostengründen vornahm. Während früher beim Betätigen der Feuermelder direkt ein Alarm bei der Polizei einging, müsse heute angerufen werden.

    Laut Füssens Polizei-Chef Manfred Richter soll die Präsenz seiner Beamten im Bereich der Schulen verstärkt werden, soweit dies die 'geringen freien Kapazitäten' zulassen. Dies soll vor allem vorbeugende Wirkung haben. Schon jetzt seien aber Polizisten vor Ort ­ vor allem beim täglichen Schulbeginn.

    'Rollenüberforderung' der Lehrer

    Hackenberg sieht auch eine 'Rollenüberforderung' für die meisten Lehrer. 'Jeder Lehrer soll zugleich verständnisvoller Partner und Verteiler von Lebens-Chancen sein ­ das ist schwierig.' Hätte der Amoklauf in Erfurt verhindert werden können? Warum hat nicht früher jemand gemerkt, dass der Junge in eine Sackgasse läuft? Wie geht man mit Misserfolgen um? ­ diese und andere Fragen tauchten in Gesprächen der Schüler und Lehrer auf. Schulpsychologische Vorschläge für den Umgang mit der Thematik verschickte Kultusministerin Monika Hohlmeier an die Schulen.

    Obwohl die Abitur-Prüfungen vor der Tür stehen, hatte sich etwa die Religionsklasse von Michael Renner dafür entschieden, den Stoff warten zu lassen und über das Thema zu sprechen. Kritik wurde dabei auch gegen das bayerische Schulsystem laut. Lehrer und Schüler stünden sich wie zwei Gruppen gegenüber ­ 'das fördert Feindbilder', so Renner. Außerhalb des Unterrichts habe man nur wenig miteinander zu tun. Der ständige Notendruck mache das soziale Miteinander kaputt ­ so die Meinung vieler Schüler. 'Mehrere Sechser verteilen und zugleich bester Freund sein ­ das passt nicht zusammen', meint Renner. In anderen Ländern wie Kanada oder Australien gebe es dagegen am Schuljahrsende nur einen Test. Wer diesen schafft, erreicht das Kursziel. Das verbessere den Kontakt zu den Lehrern.

    'Die Eltern wissen nicht, was die Kinder tun' ­ dieser Satz fiel gestern in einer sechsten Klasse des Füssener Gymnasiums. Etwa die Lieder, die der Amokläufer angehört hatte, seien problemlos aus dem Internet ladbar, wussten einige Schüler.

    'Man kann sich nirgends mehr sicher fühlen, nicht mal in der Schule', meinte ein Achtklässler. Ein Mitschüler sah Probleme auch beim Umgang von Eltern mit ihren Kindern: Anstatt sie bei Misserfolgen zu unterstützen, würden sie als Verlierer bezeichnet. Außerdem müssten Eltern wissen, was ihre Kinder tun, meinte die ganze Klasse. 'Es kann nicht sein, dass jemand von der Schule fliegt und die Eltern kriegen es nicht mit.'

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