Seit ihrem 1983 erschienenen Debütalbum haben Die Toten Hosen über 22 Millionen Platten verkauft. Nach ihrem leisen Unplugged-Projekt hat die Band unter dem Titel "In aller Stille" ein neues Album aufgenommen - und hier geht es gar nicht still, sondern laut zu. Im Rahmen ihrer "Machmalauter"-Tournee treten die Toten Hosen am 17. Juni in der Big Box in auf. Olaf Neumann sprach mit Frontmann Campino über Gott, den Sinn des Lebens, Frauen und seine erste Kino-Hauptrolle.
Campino, Sie spielen die Hauptrolle im neuen Film von Wim Wenders, "Palermo Shooting". Welche Erfahrungen sammelten Sie?
Campino: Beim Film kannst du dich immer korrigieren, wenn irgendwas nicht stimmt. Im Theater dagegen kannst du entweder mannschaftsdienlich spielen oder auf einen Egotrip gehen. Aufgrund des Applauses bildet sich eine Hierarchie in der Truppe. Wim Wenders hat zum Glück ein eingespieltes Team gesucht, in dem ich mich gut aufgehoben fühlte. In Palermo war ich zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder so richtig glücklich und habe die Band auch nur ein kleines bisschen vermisst.
Auch der Rest der Band ist im Film zu sehen
Campino: Das war Wims Idee. Man kann sie allerdings nicht auf Anhieb erkennen. Breiti gibt einen Angler, Kuddel spricht mit mir in einer Discothek, und unser Manager taucht nur als Foto auf. Andi, der einen Zeitungsredakteur mimt, ist häufiger im Bild.

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Wim Wenders sagt: Campino tut Dinge, die andere Schauspieler nicht tun. Waren die Dreharbeiten extrem?
Campino: Ich musste ein paar harte Szenen erleben. Ich bin ins Hafenbecken von Palermo gesprungen und wurde auf dem Bauch durch die Straßen gezogen. Das war aber gleichzeitig auch ein großer Spaß. Bei den ganzen körperlichen Aktionen wusste ich immer, was ich zu tun habe. Viel schwieriger war es, nur im Raum zu stehen und zuzuhören: Präsent sein, obwohl man nichts zu tun hat.
Kommen wir zu den Songs von den Toten Hosen. "Angst" endet mit der Zeile: "Bis zu deinem allerletzten Schritt". Da lässt sich viel hinein interpretieren von Selbstmord bis Amoklauf
Campino: Das lasse ich so stehen. Angst wird in dem Moment zum Ballast, wenn sie überproportional vorhanden ist. Natürlich ist sie auch ein Grundgefühl, das uns vor vielen Dingen rettet. Wer keine Angst kennt, entwickelt auch keinen Mut. Bekommt die Angst mehr Raum, als gesund ist, entsteht eine Blockade mit fürchterlichen Konsequenzen.
Hilft Ihnen der Glaube beim Umgang mit Angst? Sie haben kürzlich in Meschede einen Gottesdienst gehalten.
Campino: Ich glaube nicht im Sinne von dem, was in den Kirchen da draußen serviert wird. Wenn ich sage, ich glaube an das Gute und die Liebe, hört sich das erst einmal relativ platt an. Aber im selben Moment nehme ich auch die Existenz vom Bösen und Negativen in Kauf, und da wird es spannend.
Bei "Leben ist tödlich" stellen Sie sich die Frage, was vom Leben am Ende übrig bleibt. Wird die Frage nach dem Lebenssinn für Sie immer wichtiger?
Campino: Diese Frage muss man sich immer wieder stellen. Je älter man wird, desto mehr hat man das Gefühl, die Zeit rase davon, und nach vorne hin wird es immer enger. Ich versuche, mich mehr im Hier und Jetzt aufzuhalten und aufzuhören, Zukunftspläne zu schmieden, die sowieso nicht so real sind, wie man sich das einbildet.
Haben Sie trotz gescheiterter Beziehungen jemals den Glauben an die Liebe aufgegeben?
Campino: Warum sollte ich das tun? Ich verstehe die Frauen nicht, aber ich komme auch nicht ohne sie aus.
Karten für das Konzert der Toten Hosen am 17. Juni (20 Uhr) in der Big Box Allgäu gibt es in den Service-Centern unserer Zeitiung und unter 01805/132 132.