'Wie viele Portionen Obst soll man am Tag essen?', fragt Jessica. 'Vier', antwortet der 16-jährige Ozan. Die Jugendlichen füllen zusammen ein Ernährungsquiz aus. 'Wirklich? Ich ess’ nur so jeden zweiten Tag einen Apfel – da ist doch Fruchtzucker drin.' Annika Kaiser schaltet sich ein. Sie erklärt der 17-Jährigen, warum es dennoch wichtig ist, täglich mehrere Portionen Obst zu essen. Die Diätassistentin weiß Bescheid, wenn es um gesunde Ernährung geht. 'Essen soll Genuss und nicht Frust sein', das will die 24-Jährige den jungen Patienten der Prinzregent- Luitpold- Klinik in Scheidegg (Kreis Lindau) vermitteln. Viele der Kinder und Jugendlichen, die in der Regel mindestens vier Wochen in der Klinik sind, haben Essstörungen oder Allergien. Heute steht bunter Nudelsalat auf dem Speiseplan der Lehrküche – mit Vollkornnudeln und Joghurt anstelle von Mayonnaise – sowie Karotten-Schoko-Muffins. Jessica, Ozan und die 18-jährige Arzoo schnipseln, raspeln und rühren. 'Es ist wichtig, dass die Jugendlichen lernen, wie man mit den Lebensmitteln umgeht', erklärt Kaiser die Intention der Lehrküche, an der Kinder und Jugendliche mit Übergewicht oder Allergien teilnehmen. Praktisches bleibt länger haften als bloße Theorie. Und es macht mehr Spaß. 'Danke für das leckere Essen' hat ein kleiner Patient zum Abschied hinterlassen. Das Papier mit dem bunten Schriftzug hängt in der Großküche der Klinik. Jeden Vormittag schwingt auch die Diätassistentin hier den Kochlöffel und bereitet gemeinsam mit ihrer Kollegin, der Diplom-Ökotrophologin Sabine Karas, Speisen für Kinder zu, die keines der zwei Tagesgerichte vertragen. Aber auch Kinder, die untergewichtig sind, bekommen eine Extraspeise: mit besonders vielen Kalorien. In der Großküche herrscht ein anderes Klima als in der kleinen Lehrküche. Hier gehe es hektischer und rauher zu, sagt Kaiser. Deswegen solle ein angehender Diätassistent neben der Liebe zum gesunden Essen auch Durchsetzungsvermögen mitbringen. 'Es ist schwierig in dem Beruf Fuß zu fassen', sagt die 24-Jährige. 'Als Berufsanfänger muss man dranbleiben.' Es sei Eigeninitiative gefragt, vor allem was die Weiterbildung angehe. Auch die Beratung von Eltern gehört zu ihrem Berufsalltag. 'Eltern kommen oft hilflos zu uns, wenn bei ihren Kindern Allergien diagnostiziert wurden', sagt Kaiser. In der kleinen Lehrküche spült Arzoo schon die letzte Schüssel ab. Der Nudelsalat ist servierfertig. Probiert wird aber erst gemeinsam mit den anderen Jugendlichen am Abend.
Berufsporträt