Denkmalpflege: Gedenksteine auf Obergünzburger Friedhof sollen erhalten bleiben

4. Juli 2012 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
Marianne Hacker

Gedenksteine erzählen

Wer den Obergünzburger Friedhof am Ende des Kreuzwegs betritt und nach rechts am Johannes-Kaspar-Denkmal vorbeigeht, der stößt, wenn er dem Lauf der inneren Friedhofsmauer folgt, auf zwei Grabsteine. Diese haben eine ungewöhnliche Inschrift: 'Den hier seit dem 5ten April 1845 modernden Gebeinen des kön.B.1.Landgerichts Assessors Peter Stoß 40 Jahre alt', ist das eine Denkmal gewidmet. Auf dem Anderen ist unter Halbmond und Stern zu lesen: '3 russ. mohamedan. Kriegsgefangene 1918'.In den vergangenen Jahrzehnten waren die beiden Grabmale an der Außenmauer beim Friedhofseingang zu finden. Wolfgang Hönig, Vorsitzender des Obergünzburger 'Arbeitskreises Heimatkunde', sieht in ihnen einen 'Ausdruck der originären Geschichte von Obergünzburg'. So lieferte Peter Amadeus Stoß, der von 1836 bis 1842 Assessor am Landgericht in Obergünzburg war, mit seinen 'Geschichtlichen Notizen bezüglich auf den Flecken und die Pfarrei Obergünzburg, gesammelt 1843' wichtige Grundlagen, auf die die Chronisten Franz Xaver Gutbrod und Herman Epplen später zurückgriffen. Dem Schicksal der 1918 in Obergünzburg verstorbenen russischen Kriegsgefangenen muslimischen Glaubens wird derzeit noch nachgegangen.

Alte Flursegen, Denkmäler und Grabsteine will der Arbeitskreis Heimatkunde erhalten. Er stiftete mit Unterstützung von Hermann Rudolph sen., der die Ausführung übernahm, eine Restaurierung des Steins von 1918 sowie die Rekonstruktion des Gedenksteins für Stoß, dessen Original bereits zu weit verfallen war. An dem grauen Sandstein wurde alles von Hand gehauen – als eine besondere Leistung von einem Steinmetz-Lehrling im Rahmen der Ausbildung. Schon das Entziffern der alten Inschrift erwies sich als schwierig. Mit wissenschaftlicher Hilfe von Dr. Horst Renz gelang schließlich nicht nur die Rekonstruktion des Textes, auch die Daten zum Lebenslauf von Peter Stoß wurden im Staatsarchiv Augsburg ermittelt.

Der ledige Gerichtsbeamte, 1842 wegen Krankheit in den Ruhestand versetzt, starb 1845 an 'Abzehrung', womit schwere Leiden wie Lungentuberkulose oder Krebs zu der Zeit bezeichnet wurden. Mehrere Kladden mit den Notizen des frühen Heimatkundlers befinden sich im Obergünzburger Gemeindearchiv.

Auf der Suche nach Verlorenem

Um Geschichtszeugnisse nicht zu verfälschen, dürfe nunmehr eine Hinweistafel, dass die Gedenksteine sich nicht mehr an der letzten Ruhestätte der darauf Genannten befinden, nicht fehlen, so Archivleiter Peter Pfister. Auch der Frage, wo auf dem Obergünzburger Friedhof die Gebeine tatsächlich bestattet sind, werde man nachgehen. Beim Versetzen von Steinen sei dies stets zu beachten, so Pfister. 'Wer weiß, wie viele Gedenksteine schon verschwunden sind?'

Auch in Obergünzburg wird solch ein Denkmal vermisst. Pfister ist auf der Suche nach einem am 18. September 1927 eingeweihten Gedenkstein für Gendarmerie-Wachtmeister Paul Hörmann. Mit einem Schuss in den Unterleib wurde der 31-Jährige im Frühjahr 1927 in Obergünzburg beim Durchsuchen einer Hütte durch einen entflohenen Sträfling ermordet. Hörmann wurde in München beerdigt. Am Obergünzburger Friedhof wurde ihm zu Ehren ein Gedenkstein gesetzt. (mha)

Wer über den Verbleib dieses Denkmals Näheres weiß, möge sich an ihn wenden, hofft Pfister auf Hinweise (Telefon 08372/7313).