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Artikel: Gedanken lösen sich in Luft auf

20. September 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Demenz Angehörige von Betroffenen berichten - Morgen ist Welt-Alzheimertag

Von Teresa Winter |MemmingenOft sind es Kleinigkeiten, die die Betroffenen zu Beginn der Krankheit vergessen. Mal einen Namen, mal das kochende Wasser auf dem Herd. "Bei Auffälligkeiten sollte man einen Neurologen aufsuchen, der die Erkrankung durch spezielle Tests feststellen kann", rät Norbert Büchler von der Memminger Betreuungsstelle für Demenz-Kranke. In Deutschland leiden etwa 1,2 Millionen Menschen an Demenz. Der morgige Welt-Alzheimertag soll an sie erinnern.

Bei der 78-jährigen Mutter von Alexandra Riedmaier brachte ein Arztbesuch Licht ins Dunkel - Diagnose Demenz. "Danach war nichts mehr wie vorher, es war sehr schwierig, die Krankheit zu akzeptieren", erzählt die 42-jährige Tochter. Die Mutter habe sich in der Wohnung nicht mehr ausgekannt, habe einfach alles vergessen.

Im Dreier-Team mit ihrem Vater und ihrer Schwester versorgt sie die kranke 78-Jährige nun rund um die Uhr. "Es ist mir extrem wichtig, dass ich sie überall hin mitnehme, egal ob zum Einkaufen oder auf Festlichkeiten", so Riedmaier weiter. Einmal die Woche besucht die erkrankte Mutter eine Betreuungsgruppe für Menschen mit Demenz. Hier wird gesungen, gespielt und gelacht. Die Betroffenen erzählen aus ihrem früheren Leben.

Auch wenn sich ihre Geschichten mehrmals wiederholen, weil sie vergessen haben, dass sie sie schon erzählt haben, fühlen sich die Erkrankten in ihrer Gruppe sichtlich wohl.

"Je dementer die Menschen werden, desto weiter gehen ihre Erinnerungen in die Kindheit zurück", sagt Büchler. Alles, was später erworben wurde, sei dagegen weg. "Als ob sich alles, was im Gehirn gespeichert wurde, in Luft auflöst", ergänzt Riedmaier. Trotzdem könne man mit einem Demenz-Kranken Spaß und Freude teilen. "Wir kochen zusammen, machen Ausflüge und führen Gespräche, auch wenn sie diese schnell wieder vergisst", sagt Riedmaier. Auf die richtige Einstellung und Förderung komme es an.

Aber es gebe auch andere Fälle, so Büchler. Manche Erkrankte, gerade die, die ihren Lebenspartner verloren haben und alleine in der alten Wohnung leben, werden oftmals aggressiv und reißen von zu Hause aus.

"Denn Demenz verstärkt manchmal die Charaktereigenschaften", erklärt der Sozialpädagoge. Dann müssen Angehörige gegen den Willen der Betroffenen handeln und diese etwa in ein Pflegeheim geben. "Für Angehörige von Demenz-Kranken gibt es erst einmal keine Lösung ohne ein schlechtes Gewissen den Betroffenen gegenüber", unterstreicht Büchler. Doch oft sei eine Heimeinweisung die letzte Chance.

Kontakt Beratung gibt es beim Demenz-Telefon in Memmingen unter (08331) 850448 und im Unterallgäu unter (08261) 995260.