Wohnungen in Spinnerei und Weberei: Auflagen zu Schall- und Hochwasserschutz Kempten (pa). Wohnen an der Iller kann sehr romantisch sein. Einerseits. Doch wer seine Behausung zu nah an einem Flusswehr hat, bekommt auch ein Lärmproblem. Andererseits. Diese Thematik hatte den Bebauungsplan für die ehemalige Spinnerei und Weberei beiderseits der Iller, die in ein Wohngebiet umgewandelt werden soll, um einige Monate verzögert. Den Lösungsvorschlägen eines Fachmannes aus Tirol hat jetzt der Bauausschuss einhellig zugestimmt.
Kopfzerbrechen hatte, wie berichtet, vor allem das Illerwehr bereitet. Wenn nämlich der Fluss viel Wasser führt, entsteht beim ehemaligen Spinnereigebäude auf der Ostseite der Iller, in dem Wohnungen vorgesehen sind, teilweise ein Lärmpegel, der deutlich über den zulässigen Werten liegt. Dieser 'Wasserfall-Effekt' soll nun weitgehend dadurch beseitigt werden, dass die Wehrmauer saniert und in eine Treppenanlage umgebaut wird. Die wiederum nicht aus massiven Stufen, sondern aus 'Gabionen' bestehen soll. Das sind mit Steinen gefüllte Drahtkörbe, in denen sich das Wasser relativ geräuscharm 'verläuft'.
Diese 'Kaskadenströmung', hat der Gutachter Dr. Hansjörg Schmidt errechnet, wird an rund 70 Tagen im Jahr zu beobachten sein, an 240 Tagen wird das Wehr gar nicht überspült. So richtig tosen und entsprechend lärmen wird die Iller an den übrigen rund 55 Tagen. Deshalb müssen die nächstgelegenen Wohnungen in der Spinnerei so gestaltet werden, dass die Bewohner dem Lärm gegebenenfalls ausweichen können. 'Durchgesteckte' Wohnungen, die über die ganze Breite des Gebäudes reichen, sollen das ermöglichen.
Schalldämmung ist auch in den Wasserkraftwerken auf beiden Seiten des Flusses angesagt: Die Betonsockel müssen entfernt und die Maschinen auf Dämmschichten gesetzt werden. Außerdem ist eine Wohnnutzung nur in einem Mindestabstand zu den Kraftwerken zulässig. Beim passiven Lärmschutz, so Baureferentin Monika Beltinger, sei die ursprünglich geplante, durchgehende Glasfassade an dem siebengeschossigen Spinnereigebäude offenbar nicht mehr aktuell. Doch seien da die Überlegungen noch nicht abgeschlossen.
Ebenso wie für den Lärmschutz müssen die Investoren auch für den Hochwasserschutz selber sorgen. So sollen die neuen Reihen- und Doppelhäuser direkt am Illerufer durch 'hochgestellte Terrassen' so gestaltet werden, dass sie bereits einen Hochwasserschutz darstellen. Die Lücken zwischen den Häusern sollen durch Mauern geschlossen werden. All diese Auflagen müssen, so wird es im Bebauungsplan festgeschrieben, erfüllt sein, bevor die erste Wohnung bezogen werden darf.
Nur beim Umbau des Wehrs wurde eine Frist von zwei Jahren eingeräumt. Und die Baugenehmigung wird erst dann erteilt, wenn auch die Frage möglicher Altlasten geklärt ist. Dazu muss an zwei Verdachtspunkten der Boden untersucht und gegebenenfalls ausgetauscht werden. Der Bauausschuss stimmte jetzt den Festlegungen zu und billigte den Bebauungsplan für die ehemalige Spinnerei und Weberei einhellig.