Kempten (az). - 'Wir weinen der Eigenheimzulage keine Träne nach.' Dies erklärte kürzlich bei der Eröffnung der neuen Geschäftsstelle des Mietervereins Kempten Josef Vilzmann, stellvertretender Vorsitzender des bayerischen Mieterbunds. Denn anders als in der Öffentlichkeit dargestellt, sei die Eigenheimzulage gerade nicht die Geldspritze, die es vor allem Haushalten mit geringeren Einkommen ermögliche, ihren Traum von den eigenen vier Wänden zu erfüllen. Tatsächlich komme die bisherige Förderung vordringlich den Beziehern höherer Einkommen zugute. Vilzmann zitierte eine Untersuchung von Professor Dr. Gisela Färber von der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer, wonach fast drei Viertel der Förderungsempfänger zu den oberen 40 Prozent der Einkommensbezieher gehörten. Fast ein Drittel der Bezieher der Eigenheimzulage sei sogar bei den oberen zehn Prozent mit einem Monatsnettoeinkommen von 6500,00 Euro und mehr zu finden. Lediglich acht Prozent gehörten zu den unteren 40 Prozent der Einkommensbezieher. Die bisherige Eigenheimzulage koste den Staat jährlich zwischen elf und zwölf Milliarden Euro, mehr als das Doppelte dessen, was die öffentliche Hand für die direkte Förderung des sozialen Wohnungsbaus ausgebe, so Vilzmann: 'Natürlich gönne ich dem reichen kinderlosen Ehepaar sein Einfamilienhaus im Grünen. Ich sehe allerdings nicht ein, warum es hierfür staatlich gefördert werden soll, wenn andererseits das Geld fehlt, um zum Beispiel Familien in der Stadt bezahlbaren Wohnraum zu verschaffen.'
'Ökologisch schädlich' Die Eigenheimzulage in ihrer jetzigen Form sei wirtschaftlich unvernünftig und ökologisch schädlich, so der stellvertretende Mieterbund-Landesvorsitzende weiter. Sie lasse keinen Unterschied zu zwischen Wohnungsteilmärkten mit Wohnungsengpässen oder Wohnungsnot und Teilmärkten mit strukturellem Wohnungsleerstand. Die Eigenheimförderung bewirke Stadtflucht und damit Flächenfraß, Energieverschwendung und Zersiedelung, da sie zu einseitig die Errichtung von Einfamilienwohnungen auf der grünen Wiese subventioniere. Nach Ansicht Vilzmanns brauche Wohnungsbau auch in Zukunft staatliche Anreize. Deshalb setze sich der Deutsche Mieterbund weiter und verstärkt für einen innovativen Ansatz ein. Die bisherige Eigenheimzulage und die ebenfalls nicht bedarfsorientierte degressive Abschreibung im Mietwohnungsbau müssten ersetzt werden durch eine sogenannte Investitionszulage. Damit könnte man die Mängel der bisherigen Systeme sowohl im Neubau als auch im Bestand vermeiden, erläuterte Vilzmann seinen Alternativvorschlag. Der Zulagengeber sei in der Lage zu steuern, welche Maßnahme auf welchen Wohnungsmärkten gefördert werden. Vor allem könne damit die dringend notwendige Regionalisierung der Wohnungsbauförderung bewirkt werden. Fördermittel brauche man nicht mehr dort, wo es genug Wohnungen gebe. Sondern man benötige dringend Wohnungsbauinvestitionen in Gebieten, in denen auch heute noch Bedarf bestehe wie in München, Stuttgart, Frankfurt, Köln. Die Zulagenlösung eröffne die Möglichkeit, die Förderung auf wohnungspolitisch sinnvolle Maßnahmen zu beschränken. i Der Deutsche Mieterbund Bayern ist der mitgliederstärkste Landesverband des Deutschen Mieterbundes und hat 53 Vereine mit über 160000 Mieterhaushalten. Nähere Informationen unter www. mieterbund-landesverband-bayern. de