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Für Notare ist Würde gesetzliche Pflicht

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Für Notare ist Würde gesetzliche Pflicht

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    Marktoberdorf/Ostallgäu (rel). - Berufsziel Notar? Leichter gesagt als erreicht. Schließlich sind Notare eine besondere Spezies: Für welchen Beruf sonst hat der Gesetzgeber festgelegt, dass sich der Betreffende in der Öffentlichkeit seines Amtes 'würdig zu zeigen' hat? Dazu kommt, dass man nicht einfach Notar werden kann, sondern vom Minister auf 'Lebenszeit' - aber höchstens bis zum 70. Lebensjahr - ernannt wird. Nicht zuletzt sollte man - überspitzt formuliert - etwas von einem Pfarrer haben. Bei derlei Gedanken muss Notar Dr. Michael Perret schmunzeln: Es gebe da tatsächlich Parallelen. So seien beide Berufe zur Verschwiegenheit verpflichtet. Der gebürtige Münchner ist seit 25 Jahren Notar in Marktoberdorf. Ende Juli tritt der Jurist, eben 65 geworden, in den Ruhestand. Ruhig, freundlich, würdevoll, immer etwas auf Distanz zum Gesprächspartner, stets auf die Gesetze (oder Zehn Gebote?) achtend, korrekt in dunklen Zwirn gekleidet: Wer einem solchen Menschen gegenüber sitzt, hat es nicht zwangsläufig mit einem Geistlichen zu tun. Es kann durchaus auch ein Notar sein, so zum Beispiel Dr. Michael Perret. In wenigen Tagen geht dessen Amtszeit im Notariat an der Gschwenderstraße in Marktoberdorf zu Ende und damit eine Zeit, auf die der 65-Jährige zufrieden zurückblickt. Zum einen war und ist es die Unabhängigkeit, die ihm an seinem Beruf so gefiel: Abgesehen vom Gesetzgeber mit seinen immer neuen Gesetzen habe ihm niemand bei seiner Tätigkeit dreinreden können. Auch habe er sich - anders als zum Beispiel ein Rechtsanwalt - nie mit den Menschen streiten müssen. Dann der unterschiedliche 'Kundenkreis': 'Ich bin hier gewissermaßen am Puls der Bürger tätig: Zu mir kommt der Hilfsarbeiter und es kommt der Direktor eines Großunternehmens.' Auch lerne man in diesem Job die 'ganze Bandbreite der menschlichen Charaktere kennen.'Den größten Teil der Notarsarbeit in einer Kleinstadt machen Grundstück-Eigentumswechsel aus. Dies reicht vom Bauplatzkauf bis zur Hausschenkung und Darlehenssicherung. Die anderen Fälle sind Rechtsgeschäfte im Bereich des Erb-, Testaments-, Familien- und Handelsrechts, ferner Schlichtungen bei Nachbarschaftsstreitereien. Dabei nehme der Beratungsbedarf immer stärker zu, so Perret.

    Auch mal was zum Schmunzeln … Nicht immer ging's bei Notar Perret 'rechts-trocken' zu. Mal gab es was zum Lachen, mal eher zum Heulen. So wollte ein Dorfbewohner sein Haus an den Sohn übergeben. Im Notariat gab er an, darin seien drei staatlich geförderte 'Sexualwohnungen'. Später stellte sich heraus: Er meinte Sozialwohnungen. Der andere Fall ließ Perret wohl heftig durchatmen: Ein betagter Mann wollte seinen vier Enkeln je ein Waldgrundstück schenken. Als der rechtliche Ablauf beim Notar länger dauerte, kündigte einer der Enkel plötzlich an, nun zu gehen, da er noch eine Verabredung habe. Vom Opa verabschiedete er sich mit den Worten: 'Behalte Deinen Wald! Was soll ich damit?' Gerne erzählt Perret die Anekdote, als er in einer Pfarrei über das Thema 'Neues vom Testament' referieren sollte. Angesichts der vielen Besucher meinte der Pfarrer: 'Ich hätte gerne auch so viele Zuhörer, wenn ich über das 'Neue Testament' spreche …'Michael Perret studierte Jura in München und Zürich. 1968 promovierte er, machte dann eine Ausbildung zum Notar-Assessor. Von 1972 bis 1981 hatte er seine erste selbstständige Notarstelle in Kronach, 1981 wechselte er nach Marktoberdorf, wo er Nachfolger von Notar Walter Bachauer wurde. Der hiesige Notarbezirk umfasst das Gebiet der Kreisstadt und der umliegenden Gemeinden; der zuständige Notar hat hier eine Art Monopolstellung. Es gelte aber das Recht der freien Notarwahl, stellt Perret klar. Um die Stelle in Marktoberdorf hatte er sich damals beworben, weil er den Ort von einer Urlaubsvertretung her kannte und er das Alpenvorland schätzen gelernt hatte. Michael Perret ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Für ihn steht außer Frage: Auch nach dem Schritt in den Ruhestand werden seine Frau und er in Marktoberdorf bleiben. Schließlich haben sie sich hier 'stets wohl gefühlt'. Sein Nachfolger ist Paul Baumeister. Dieser stammt aus Unterfranken und tritt am 1. August seine neue Stelle an.

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