Unilever konzentriert Käseproduktion in Kempten 50-Millionen-Neubau eingeweiht Kempten (buc). Dass im Käse-Geschäft Musik drin steckt, habe er schon immer gewusst, bekannte Jan Sjoerd Tjalling Tiemstra. Doch um zu erfahren, wie gut die klingt, so der Chairman der Unilever-Tochter Union Deutsche Lebensmittelwerke (UDL), habe er aus Hamburg nach Kempten kommen müssen: Die ebenfalls zu Unilever gehörende Firma Edelweiß weihte gestern ihr neues Fabrikgebäude zur Schmelzkäse-Produktion ein musikalisch umrahmt von der Werksband 'Milchmösl Blos\'n', deren bayerische Klänge auch dem Manager aus der Hansestadt gefielen.
Mit dem 50-Millionen-Mark-Projekt, erklärte Tiemstra gestern, konzentriert Unilever seine deutsche Käseproduktion ganz auf das Werk in Kempten mit seinen rund 720 Beschäftigten. Schmelzkäse, Weichkäse, Frischkäse und Brunch werden nun hier verarbeitet. Zwar gingen dieser neuen Fabrik Werksschließungen in Neu-Ulm und Schlachters (Landkreis Lindau) voraus, doch wurden aus beiden Produktionsstätten über 150 Mitarbeiter in Kempten übernommen. 'Manchmal ist es besser, etwas weniger Wein zu haben, den man richtig genießen kann als sehr viel Wein, von dem man Kopfschmerzen bekommt', umschrieb Tiemstra die 'Basis für ein kleineres, aber profitables Geschäft.'
Durch die große Anstrengung und die Kreativität aller Mitarbeiter, dies betonten auch Edelweiß-Werksleiter Ulrich Kraut und Professor Dr. Michael Bockisch von der UDL-Geschäftsführung, sei die gewaltige Aufgabe der Umstellung und des Neubaus innerhalb von 2,5 Jahren bewältigt worden. Jetzt dürfe man vom Standort Kempten aus zuversichtlich in die Zukunft schauen.
'Eine gute Wahl'
Über die Standort-Entscheidung von Unilever freute sich auch Oberbürgermeister Dr. Ulrich Netzer, was ihn freilich nicht abhielt, sich eines Slogans für ein Konkurrenzprodukt zu bedienen: 'Eine gute Wahl!' Heute sei aber nicht nur ein guter Tag für die Firma, sondern auch ein guter Tag für Kempten und die gesamte Region. Die Stadtverwaltung, betonte Netzer, habe ihr möglichstes getan, um rasch die Weichen für das neue Projekt stellen zu helfen: Die erste Teilgenehmigung zum Bau habe es innerhalb von drei Wochen gegeben. Dies, so Netzer, sei aktive Wirtschaftsförderung, wie sie anderswo wohl nur selten zu finden sei.
'3100 Betriebe mit 50 000 Kühen stellen bei uns im Oberallgäu jährlich 270 Millionen Liter Milch her', rechnete stellvertretender Landrat Herbert Seger vor. Diese Menge könne nicht mehr nach dem Motto 'Aus der Region, für die Region' vermarktet werden. Darum brauche der Landkreis auch 'große und gute Unternehmen wie Edelweiß'.
Ministerialdirigent Helmut Gebhard vom Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten betonte, man sei froh, Firmen wie Edelweiß zu haben. Sei doch der Freistaat ein milchwirtschaftliches Kernland in Europa. Edelweiß trage wesentlich dazu bei, dass die Verbraucher aus einem breiten, hochwertigen Angebot wählen können.
Für die 'sozialverträgliche Umstrukturierung' dankte Edelweiß-Betriebsratsvorsitzender Xaver Send. Nun hoffe die Belegschaft auf 'auf lange Sicht sichere Arbeitsplätze.'
Den kirchlichen Segen für die neue Anlage spendeten Pfarrer Reinhard Friedrich und Pater Konrad Heidrich, der wohl vielen im Festzelt aus der Seele sprach: 'Kein Essen ohne Käs\'. Lieber verzicht\' ich auf die Wurst!'In zwölf Monaten wurde auf dem Edelweiß-Gelände der 50 Millionen Mark teure Neubau zur Herstellung von Schmelz- und Weichkäse errichtet. Über die Entscheidung für den Standort Kempten freuten sich gestern bei der Einweihung (Bild rechts, von links) OB Dr. Ulrich Netzer, UDL-Chairman Jan Sjoerd Tjalling Tiemstra, Edelweiß-Werksleiter Ulrich Kraut und Professor Dr. Michael Bockisch (UDL-Geschäftsführung). Fotos: Lienert