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Artikel: Freispruch für Ärztin und Pfleger

20. Oktober 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
boxler

Gericht Atemstillstand eines Intensiv-Patienten war nicht zu verhindern

Kaufbeuren | bbm | Mehrere Jahre dauerten die Ermittlungen zu einem Vorfall auf der Intensivstation des Kaufbeurer Klinikums. Jetzt wurden eine Ärztin und ein Pfleger vom Kaufbeurer Amtsgericht vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen. Ihnen war eine unzureichende Überwachung eines 39-jährigen Patienten zur Last gelegt worden. Der von verschiedenen Opiaten abhängige Mann war im Januar 2000 nach einem Atemstillstand in ein Wachkoma gefallen und eineinhalb Jahre später gestorben.

Der medizinische Sachverständige fand zwar kritische Worte zur Überwachungssituation in der fraglichen Nacht, in der zwei Pflegekräfte und eine Ärztin für sechs, teils sehr unruhige Patienten zuständig waren. Er hielt es aber für möglich, dass der Atemstillstand durch eine Lungenembolie ausgelöst wurde. Dagegen wäre man auch bei optimaler Kontrolle nicht gefeit gewesen.

Der aus Augsburg stammende Patient war bewusstlos und ohne Atmung in seiner Wohnung gefunden worden. Über Umwege kam er auf die Intensivstation des Klinikums. Hier war er laut Schilderung der Angeklagten zwar ansprechbar, aber "extrem unruhig". Er habe stark geschwitzt, sodass sich die Überwachungs-Elektroden ständig lösten. Zudem habe er die Überwachungsgeräte wieder abmontiert.

Nach etwa drei Stunden wurde ein weiterer Atemstillstand mit einem Opiat-Gegenmittel behandelt. Dass sie keine künstliche Beatmung einleitete, begründete die Ärztin unter anderem damit, dass die Substanzen, die den Patienten beatmungsfähig gemacht hätten, "genau die sind, von denen er abhängig ist". Vier Stunden später kam es zum vierten Atemstillstand, vor dem der Patient für kurze Zeit alleine und möglicherweise ohne Monitor-Überwachung war. Der Pfleger kümmerte sich gerade um einen anderen Kranken.

Die Ärztin, die seit 17 Stunden im Dienst war, las Krankenakten im Arztzimmer. Der Atemstillstand wurde von der Schicht-Kollegin des Pflegers bemerkt. Der Patient, der in seinem Bett saß, sei plötzlich in eine Schnappatmung verfallen und kollabiert, erinnerte sich die Zeugin.

Obwohl der Patient sofort künstlich beatmet wurde, erlitt er einen Kreislaufstillstand, der schließlich zu einem Hirnschaden führte.

Die Verteidiger sprachen von "einem tragischen Verlauf", den ihre Mandanten jedoch nicht zu verantworten hätten. Staatsanwalt und Richter gingen davon aus, dass unter akutem Stress bei der Überwachung "wohl geschlampt" worden sei. Allerdings, so die Juristen, hätte laut Gutachten bei einer Lungenembolie auch eine optimale Kontrolle nichts an der Situation geändert.