Holzpreis verlockt zu 'Mikado im Wald' Ostallgäu (fro). 'Im dichten Fichtendickicht nicken die dicken Fichten tüchtig', heißt es in einem Gedicht. Doch in einem Wald bei Eggenthal knicken die Fichten nur noch tüchtig: Dort hat ein Waldbesitzer einen Großteil seines Waldes geschlagen. Doch der diente teilweise als Schutzwald für den benachbarten Fichtenwald. Dort sind deshalb nach dem Orkan 80 bis 100 Kubikmeter Bäume umgestürzt. 'Den Einschlag hätten wir so nicht erlaubt', so Gerhard Limmer, Abteilungsleiter im Amt für Land- und Forstwirtschaft (ALF). Er hat auch eine einfache Erklärung für den zunehmenden Kahlschlag in den Privatwäldern: 'Die große Nachfrage beim Holz und die guten Preise führen dazu, dass Waldbesitzer jetzt ihr Holz einschlagen.'
Holz ist zur Zeit gefragt: Privatleute wollen angesichts der hohen Öl- und Gaspreise günstiger über den Winter kommen, und kleine Energieerzeuger ordern zum Beispiel Hackschnitzel in größeren Mengen. Das ist angesichts der hohen Preise, die derzeit mit Holz auf dem Markt erzielt werden, sehr lukrativ für Waldbesitzer. Die Folge: Der Holzeinschlag blüht. Das ist natürlich gut für die Waldbesitzer. Doch Limmer warnt vor Übertreibungen. Seit dem Herbst 2006 seien schon sechs Fälle bekannt, bei denen Bäume geschlagen wurden, die einen Schutzwald bildeten. Wenn dieser fehle, könne das gravierende Folgen für benachbarte Wälder haben.
Im Allgäu gibt es etwa 135 000 Hektar Wald, mit einem starkem Nutzungspotenzial vor allem bei Fichte. Da der durchschnittliche Waldbesitz bei rund 2,2 Hektar liegt, sind die Wälder stark parzelliert. Um sie vor Windbruch oder Orkanen zu schützen, sind ihnen in der Hauptwind- und Strurmrichtung, von Nordwest bis Südwest, Wälder mit Schutzfunktion vorgelagert, erklärt Limmer. 'Der Sturmschutzwald muss einem schützenswerten benachbarten Bestand in der Hauptwindrichtung vorgelagert sein.' Werden die Schutzwälder abgeholzt, sind die dahinter stehenden Bäumen dem Wetter plötzlich schutzlos ausgeliefert. Dadurch werden sie umgerissen oder beschädigt, was an wärmeren Tagen zudem Borkenkäfer anlockt. 'Mikado-Spiel im Wald', nennt Limmer den Effekt. So können einem Nachbarn, dessen Wälder ihres Schutzes beraubt wurden, massive Schäden entstehen.
'Eine Ordnungswidrigkeit'
'Die waldbaulichen Sitten sind gröber geworden. Davon ist der Schutzwald betroffen. Das ist aber nicht nur eine Ordnungswidrigkeit, sondern kann auch privatrechtlichen Ärger mit den Nachbarn nach sich ziehen', erläuterte auch jüngst auf einer Versammlung Robert Berchtold, stellvertretender Leiter des ALF. Die bekannten Fälle werden von den Forstleuten an das Landratsamt weitergeleitet, das eine Ordnungsstrafe ausspricht. Zudem können betroffene Nachbarn, den kahlschlagenden Waldbesitzer auf Schadensersatz verklagen. Limmer empfiehlt den Waldbesitzern, sich im Zweifelsfall vom ALF oder den Forstbetriebsgemeinschaften beraten zu lassen.