Kempten (se). - Bei den irischen Segenswünschen, die das Lehrer-Kollegium der Agnes-Wyssach-Schule seinem scheidenden Rektor sang, drückte Gerhard Muth dann doch einige Tränen ins Taschentuch. Nach 27 Jahren an der Spitze verschiedener Sonderpädagogischer Fördereinrichtungen in Kempten wurde er feierlich verabschiedet. Mit ihm schied sein Rektoren-Kollege der staatlichen Seite des Sonderpädagogischen Förderzentrums, Dr. Friedrich Haberkorn, aus dem Dienst aus. Die Leitung beider Einrichtungen ist künftig auf einen Mann vereint: Bernhard Dossenbach. Was die Nachfolge von Gerhard Muth angeht, tritt er in große Fußstapfen: Als 'Urgestein der Sonderpädagogik' bezeichnete Paul Kling, Vorsitzender des Trägervereins Schwabenhilfe für Kinder, den künftigen Ruheständler. Muth hinterlasse ein Lebenswerk mit dem Schulneubau, der 2002 bezogen worden war. 'Deswegen ist er auch nicht früher in Altersteilzeit gegangen', schmunzelte Kling, 'er wollte sein schönes Büro noch ein wenig genießen.' Zuvor war der gebürtige Weilerer Chef an bis zu vier verschiedenen Standorten im Stadtgebiet gleichzeitig gewesen. Als Pädagoge habe er 'Verantwortung übernommen für schwierige und schwierigste Kinder', attestierte Claudia Thoma-Janocha von der Bezirksregierung. Und das Kollegium habe er bei der verantwortungsvollen Arbeit mit Gemeinschaftssinn und Humor hinter sich versammelt. Als Nikolaus, Ordensrektor, Zirkusdompteur, Geburtstagsmoderator, Singkreis-Sänger und Schulhund-Freund porträtierten die Lehrer ihren Rektor in Bildern aus früheren Jahren. Lieder und Tänze, begleitet von Orff-Instrumenten und Gitarre, zeigten die Schulkinder. Ihnen dankte Muth besonders: 'Sie sind das Lebenselixier des Lehrers', sagte er.
Mit 51 Kindern in einer Klasse In seinen Anfängen unterrichtete er in Landschulen mit 51 Kindern in einer Klasse. Die Jahrgänge eins bis acht waren darin versammelt. Jahrgänge wieder zu mischen, hält Muth für sinnvoll. Froh ist er, dass mancher Missstand ausgeräumt ist: 'Ich kannte ein Mädchen, das hat täglich mit dem Stock Prügel von der Lehrerin bekommen. Heute wäre das Kind auf der Förderschule und hätte nicht diese Frustrationserlebnisse.' Fortschritte in Diagnostik und Pädagogik müssten allerdings auch umgesetzt werden. 'Individuelle Förderung geht nur mit mehr Personal. Da muss in Bayern noch vieles passieren.'Über gemeinsame Westallgäuer Wurzeln flachste Oberbürgermeister Dr. Ulrich Netzer mit Muth. Dessen Nachfolger wünschte er Kraft und Geduld dabei, die Kooperation beider Schulen noch zu verbessern: 'Unabhängig vom Träger steht das Wirken für die Kinder im Mittelpunkt.' Dr. Friedrich Haberkorn hatte keine Verabschiedung gewünscht. Mit Bernhard Dossenbach kommt kein Unbekannter ans Förderzentrum: Er war bereits stellvertretender Schulleiter des staatlichen Teils. Zuletzt leitete er das Sonderpädagogische Förderzentrum in Füssen.