Serie Für das Sattlerhandwerk muss man geschickt sein - Marlies Bek-Unseld übt den Beruf aus">

Artikel: Fleißige Finger fertigen "Faulenzer"

25. August 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
beckmann

Serie Für das Sattlerhandwerk muss man geschickt sein - Marlies Bek-Unseld übt den Beruf aus

Von Renate Müller-Volk |Legau"Der sitzt ganz fest im Sattel", sagt man, um eine gefestigte Position zu beschreiben. Doch richtig fest im Sattel sitzen kann nur, wem dieser auf den Leib geschneidert wurde. Besser noch, wenn das Lederwerk präzise auf den Rücken des Pferdes abgestimmt ist.

Dazu bedarf es das Handwerk eines Sattlers. Marlies Bek-Unseld (44) aus Legau übt diesen Beruf aus und hat viel Freude an der, wie sie sagt, "vielseitigen Arbeit". Sie war zunächst Hauswirtschaftmeisterin, die Tätigkeit stellte sich aber als Schreibtischarbeit heraus. Da sollte es etwas "mit den Händen" sein.

Als Sattler arbeiten kann nur, wer geschickte und geduldige Hände hat. Allein von der Sattel-Herstellung kann man jedoch selbst im pferdefreudigen Allgäu nicht leben - zumal die gefertigten Sättel eine große Lebensdauer haben. Gefragt seien allerdings Reparaturen.

Da müssen etwa die Strippen zum Festziehen erneuert werden, weil der häufige Gebrauch das Leder durchwetzt. Und nicht zuletzt verändert sich nicht nur der Körperbau des Menschen, sondern auch des Pferdes im Lauf der Jahre. Das unter dem Sattel befindliche Kissen muss dann angepasst werden.

Fransiger Ziergurt

Zum Zaumzeug gehört laut Marlies Bek-Unseld auch so etwas Feines wie ein "Faulenzer". Das ist ein fransiger Ziergurt mit Schnalle, der dem Pferd bei Festumzügen zur Feier des Tages angelegt wird. Der Faulenzer heiße so, weil er keinerlei Nutzen am Geschirr hat. Der Ziergurt hängt also sozusagen nur faul herum.

Heutzutage benötigen allerdings nicht nur Reiter Sättel. Individualisten unter den Motorradfahrern zum Beispiel legen Wert auf einen handgefertigten Sitz. Und wenn er es sich leisten kann, macht Marlies Bek-Unseld so einem Easy Rider auch einen maßgeschneiderten Lederanzug, der dann wiederum zu den Satteltaschen passt.

Außerdem fertigen Sattler sogenannte Fahnenschuhe, mit denen Fahnenträger das Gewicht der Fahne auffangen oder Trageriemen für Kuhglocken, die die festlich geschmückten Kühe beim Almabtrieb tragen. Im Umgang mit zwei Nadeln beweist Marlies Bek-Unseld große Fingerfertigkeit. Und das, obwohl das Material nicht weicher Stoff, sondern in der Regel hartes, festes und widerspenstiges Leder ist. Deshalb ist für den Sattlerberuf auch Muskelkraft in den Armen und Händen nötig.

Autositze und Handtaschen

Neben der Reitsportsattlerei, wie sie Bek-Unseld vorwiegend betreibt, gibt es auch eine Ausbildung zum Fahrzeugsattler. Der Fahrzeugsattler stellt Autositze, Verdecke und Planen her. Eine weitere Fachrichtung ist die Feintäschnerei, wobei Taschen und Geldbeutel gefertigt werden. Für alle Fachrichtungen gilt: mit einem Hauptschulabschluss kann man nach einer dreijährigen Ausbildung ins Berufsleben starten.